Der geplante Verkauf eines einstigen US-Militärflughafens im Hunsrück an einen russischen Investor schlägt in Kriegszeiten Wellen bis nach Berlin. Kurz vor Gläubigerversammlungen für den insolventen Flughafen Hahn am 7. Februar steigt die Spannung, in welche Hände er schließlich gerät. Auch der Bund könnte mitreden. Erinnerungen an den Streit um eine chinesische Minderheitsbeteiligung an einem Terminal im Hamburger Hafen werden wach.
Die NR Holding des Nürburgrings um den Russen Viktor Charitonin und die Mainzer Firmengruppe Richter haben nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur beide unabhängig voneinander jeweils einen Kaufvertrag für den Airport Hahn unterschrieben. Beide haben auch schon den Kaufpreis überwiesen. Allerdings hat die NR Holding mehr gezahlt, so dass sie den Zuschlag bekommen kann – wenn nicht noch der Bund gemäß dem Außenhandelsgesetz Einspruch erhebt.
Das Bundeswirtschaftsministerium hält sich vorerst bedeckt. Ein Ministeriumssprecher sagt am Montag, er könne nicht bestätigen oder dementieren, dass es ein Investitionsprüfverfahren gebe. Es sei eine schwierige und zu prüfende Frage, ob der Flughafen zur kritischen Infrastruktur gehöre. Charitonin findet sich auf keiner EU-Sanktionsliste für Russland, das einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt.
Zwei Kaufverträge sind nicht ungewöhnlich
Ein Experte für Insolvenzen, der seinen Namen nicht nennen will, sagt, das doppelgleisige Verfahren des Insolvenzverwalters mit je zwei Käufern, Verträgen und Zahlungen sei «nicht außergewöhnlich». Wichtig sei die «Transaktionssicherheit» im geheimen Bieterverfahren. Falle der Interessent mit dem höheren Angebot etwa aus politischen Gründen aus, «hat man immer noch den anderen Bieter an der Hand».
Dieser, die Firmengruppe Richter, hat nach eigenen Worten nichts von der Vertragsunterzeichnung der Konkurrenz um Charitonin gewusst. Ursprünglich hat die Frankfurter Swift Conjoy GmbH das Rennen am Hahn mit einem Höchstangebot gemacht – aber nie gezahlt. Einst ist das Land Hessen mit einem Minderheitsanteil am Airport eingestiegen.
Die Besitzgesellschaft der weltberühmten, fast 100-jährigen Rennstrecke in der Eifel äußert sich spärlich. Die Unterzeichnung des Kaufvertrags hat sie immerhin bestätigt. Nach dpa-Informationen hat sie rund 20 Millionen Euro überwiesen. Die Betreibergesellschaft des Nürburgrings verweist auf mehrere erfolgreiche wirtschaftliche Standbeine von Motorsport und sogenannten Touristenfahrten von Hobbyrennfahrern über Firmenevents bis hin zum legendären Musikfestival Rock am Ring – dieses Jahr vom 2. bis 4. Juni.
Das Familienunternehmen kümmert sich nach eigenen Angaben um neue Betriebe und Wohnungen auf einstigen Gewerbe- und Militärflächen, etwa auf den früheren Grundstücken einer Sektkellerei in Mainz, einer Getränkefirma im nahen Nieder-Olm, einer Zigarrenfabrik bei Gießen und einer Kaserne in Nierstein am Rhein. Einer ihrer Mainzer Käufer und Mieter sei der Corona-Impfstoff-Hersteller Biontech. Der Chef der Firmengruppe Richter, Wolfram Richter, sagt, am Airport Hahn wolle er Leitung und Belegschaft übernehmen, «den Flugbetrieb stabilisieren» und weiteres Gewerbe ansiedeln.
Bürgerinitiative hofft auf Ende der US-Flüge
Hahn-Betriebsratschef Thomas Dillmann sagt: «Der Nürburgring funktioniert gut.» Er habe auch gehört, dass der Investor Charitonin «fair und zuverlässig sein soll». Über die Firmengruppe Richter habe er ebenfalls Positives erfahren. Für den Betriebsrat sei es wichtig, dass der Airport Hahn von einem Eigentümer «endlich mal vernünftig geführt wird». Unter dem Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner ist das Passagiergeschäft bereits wieder in den Aufwind geraten.
Die Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn verweist auf viele Zwischenlandungen von Logistik-Airlines mit Soldaten und Waffen der USA auf dem Hunsrück-Airport. Sollte Charitonin den Hahn mit seiner seltenen Nachtfluggenehmigung bekommen, würde er diese Unterstützung der USA seiner Heimat nicht vermitteln können. Aber auch Nordamerika könnte irritiert sein. Die Bürgerinitiative hofft daher nach eigenen Worten auf ein Ende dieser US-Flüge und damit weniger Fluglärm.