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Kuschelig wie bei Oma: Kachelöfen heiß begehrt

Feb 27, 2023 ,
Inhaber Axel Eisenack in seiner Kachelmanufaktur in Baden-Baden. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uli Deck/dpa)

Es gibt sie in Hellblau oder mit Kuh drauf, mal schnörkellos oder üppig modelliert: In seiner Kachelmanufaktur in Baden-Baden stellt Axel Eisenack so ziemlich alles her, was das Kundenherz begehrt. «Seit anderthalb Jahren gibt es einen richtigen Boom», sagt er. «Schon vor der Krise.» Die Sorgen um eine sichere Energieversorgung infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine heizen die Entwicklung zudem an, wie Branchenkenner sagen.

Schon während der Pandemie seien die Umsätze deutlich angestiegen, erzählt der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Keramischen Industrie, Christoph René Holler. «Die Zeit wurde genutzt, um in das Eigenheim zu investieren.» Auch 2022 sei für die Hersteller von Ofenkacheln ein positives Geschäftsjahr gewesen. Zahlen nennt der Verband nicht, in dem fünf tarifgebundene Ofenkachelhersteller Mitglied sind. Sehr viel mehr Hersteller gebe es darüber hinaus nicht.

«Riesige Nachfrage»

Robert Mülleneisen vom Gesamtverband Ofenbau spricht von einer exponentiell gestiegenen Nachfrage um 40 bis 60 Prozent. Die weitsichtigeren Kunden hätten schon mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine geordert, andere seien erst gekommen, nachdem die Gaspreise deutlich in die Höhe geklettert seien. «Da herrscht manchmal Panik, weil sie jetzt sehen, es geht um was», sagt der Vorstandsvorsitzende. Sie alle eine, möglichst unabhängig beim Thema Heizen werden zu wollen.

Nur: Das Interesse ist so groß, dass es etwa frei stehende Kaminöfen nicht mehr vor dem Sommer 2024 gebe, sagt Mülleneisen. «So eine riesige Nachfrage ist da.» Ähnlich schildert es Kachelhersteller Eisenack: «Wenn was ankommt, wird es einem gleich aus den Händen gerissen.» Die Auftragsbücher seien voll. Was fehle, sei Personal. Zu siebt arbeiten sie in der Manufaktur.

Preis pro Kachel nach oben offen

Wie der Name besagt, ist alles Handarbeit: Den Ton stellen sie ebenso selbst her wie die Glasuren. Eine Zeichnerin bemalt die Kacheln auf Wunsch. Mit Naturmalerei könne eine Standardkachel um die 350 Euro kosten, eine glatte Kachel etwa 50. Die Preise seien zuletzt gestiegen, sagt Eisenack. «Wir müssen die Gaskosten draufschlagen.»

Wer größere Kacheln will, gar vergoldete, zahlt schnell mehrere Tausend Euro pro Stück. «Sie können eine Kachel pushen, wie Sie wollen», sagt der Inhaber, der auch schon Öfen in Versailles aufgebaut hat. «Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt», bestätigt Mülleneisen vom Ofenbau-Verband. Modern sei ein geradliniger Bauhausstil. «Das ist ja richtig schick mittlerweile.» Aber auch ganz traditionell dürfe es häufig sein: «Man glaubt es nicht, aber die dunkelgrüne Kachel ist aktuell wieder Trend.»

«Irgendwas Traditionelles soll meistens dran sein»

Das hat auch Eisenack festgestellt: Vermehrt kämen junge Menschen in seine Fabrik. Gerade auf dem Land könnten sie noch bauen – und wollten dann einen Kachelofen, wie sie ihn aus dem Elternhaus oder von den Großeltern kennen. Da gehe es auch ums wohlige Gefühl. Und selbst wenn es mal moderner werde, Kacheln im Hochformat zum Beispiel: «Irgendwas Traditionelles soll meistens dran sein.» Im Zweifel Tannenzapfen an der Bordüre am oberen Rand.

Überhaupt haben Ofenkacheln und Kachelöfen lange Tradition. So fanden Archäologen in den vergangenen Jahren bei Grabungen auf der Burg Querfurt in Sachsen-Anhalt Hunderte Bruchstücke von Ofenkacheln aus dem 16. Jahrhundert. In Österreich wiederum kann man alljährlich Mitte Oktober den «Tag des Kachelofens» zelebrieren.

Technisch auf der Höhe der Zeit

Ein Ofen sollte nicht nur nach Optik und Wohnstil ausgewählt werden, rät der Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik. Auch müsse die Heizleistung an den Wärmebedarf angepasst sein. «Ohne kompetente, fachliche Beratung werden oft falsch dimensionierte Geräte gekauft, die den Raum überheizen oder nicht genügend Wärmeleistung erbringen.»

Auch könne ein Austausch sinnvoll sein: Moderne Holzöfen verursachten um den Faktor zehn weniger Emissionen als alte Anlagen aus den 1980er und 90er Jahren. So seien in dieser Heizsaison schon rund 600.000 Holzfeuerungen aller Art verkauft worden, wobei in etwa zwei von drei Fällen alte Geräte ausgetauscht worden seien. Vier Millionen Altgeräte dürfen zudem per Verordnung ab 2025 nicht mehr genutzt werden. Aktuell seien rund 11,5 Millionen Geräte im Einsatz.

Die energiebedingten Feinstaubemissionen der Haushalte in Deutschland sind dem Verband zufolge seit 2010 um mehr als ein Drittel gesunken. Moderne Verbrennungstechnik mit besserer Luftzufuhr, neuen Materialien und ausgeklügelten Konstruktionen lasse den Ausstoß eines fabrikneuen Ofens um bis zu 85 Prozent im Vergleich zu einem Altgerät sinken, erklärte ein Sprecher. «Zudem verbrauchen moderne Geräte für die gleiche Wärmeleistung bis zu einem Drittel weniger Brennstoff.»

Hohe Feinstaubbelastung

Nichtsdestotrotz verursacht Heizen mit Holz laut dem Umweltbundesamt deutlich größere luftverschmutzende Emissionen als Energieträger wie Heizöl oder Erdgas – selbst wenn es sachgerecht gemacht wird. In der Praxis verbrenne Holz nie vollständig, gesundheitsgefährdende Schadstoffe würden freigesetzt. Das liegt den Angaben nach zum einen daran, dass Holz immer geringe Mengen Stickstoff-, Schwefel- und Chlorverbindungen enthält. Dadurch entstünden bei der Verbrennung schädliche Stickstoff- und Schwefeloxide sowie Salzsäure. «Zum anderen gelangt Staub in die Luft, zu über 90 Prozent als Feinstaub.»

Zudem sei Holz ein begrenzter Rohstoff und wichtiger Speicher von Kohlenstoff. Es sollte in Maßen und in langlebigen Produkten genutzt werden, mahnt die Behörde. «Daher sollten Sie aus gesundheitlichen, aus Klimaschutz- aber auch aus ökologischen Gründen auf die Nutzung von Holz zur Wärmeversorgung Ihres Hauses verzichten.»

100 bis 150 Bauteile pro Kachelofen stellen Eisenack und sein Team in Baden-Baden schon mal her. Über mehrere Stockwerke erstreckt sich die Manufaktur. Auf dem Dachboden lagern die Modelle und Arbeitsformen, mit denen der Ton in Form gepresst wird. Das Archiv wirkt wie eine Bibliothek mit besonders dicken Schmökern in den Regalen. «Unser Schatz», sagt Eisenack. Und er versichert, fast jede Form zu kennen.

Von Marco Krefting, dpa