«Auflagen-Flut = Einkommens-Ebbe», «Özdemir: Lös die Tierwohlbremse» oder «Das Land zwischen den Meeren bald ohne Krabbenkutter»? – Hunderte Landwirte und Fischer haben am Donnerstag im schleswig-holsteinischen Büsum anlässlich der Agrarministerkonferenz erneut gegen die Agrarpolitik und befürchtete Einschnitte in der Krabbenfischerei protestiert. Dutzende Kutter lagen dicht gedrängt in dem kleinen Nordseehafen, am Ufer standen zahlreiche Traktoren – am Mittwoch waren nach Polizeiangaben etwa 400 Trecker und 60 Kutter nach Büsum gekommen. Unter anderem der von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) geplante Umbau der Tierhaltung zu weniger Tieren im Stall und das von der EU-Kommission geplante Verbot von Grundschleppnetzen in Schutzgebieten macht vielen Sorgen.
Die Agrarminister treffen sich noch bis Freitag in Büsum zu ihrer Frühjahrskonferenz. Beratungsbedarf gibt es viel und die Tagesordnung ist lang: Insgesamt 36 Punkte stehen auf der Agenda – neben dem geplanten Verbot von Grundschleppnetzen und dem Umbau der Tierhaltung gehören unter anderem der Umgang mit Wolf und Gänsen, die Weidehaltung, das Kükentöten, die Rettung von Lebensmitteln und die Weiterentwicklung der EU-Agrarpolitik dazu.
Landwirte fordern mehr Unterstützung
Der Präsident der Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Klaus-Peter Lucht, sagte am Donnerstagvormittag bei einer Kundgebung vor dem Tagungshotel, Politik müsse begreifen, «dass wir als Landwirtschaft der Wirtschaftsmotor des ländlichen Raums sind». Landwirte seien bereit für Veränderung und wollten den Weg mitgehen. «Aber dann muss die Politik auch bereit sein, uns dabei zu unterstützen.»
Er sei es leid, Spielball der Politik zu sein, sagte etwa Hans-Peter Goldnick vom Geflügelwirtschaftsverband Schleswig-Holstein bei einer Kundgebung des Bauernverbandes. «Tierhaltung ist das Rückgrat der Landwirtschaft.» Er forderte die Minister auf, den Sachverstand des Berufsstandes anzuhören.
Zustimmung erhielten die Demonstranten von den Agrarministern aus Schleswig-Holstein, Werner Schwarz, und Sachsen-Anhalt, Sven Schulze (beide CDU). Es zeichne sich ab, dass in einigen Punkten ein Kompromiss erreicht werden könne, sagte Schwarz zu den Demonstranten. Aber alle Probleme «heute und morgen zu lösen» sei nicht möglich. «Aber ich gehe davon aus, dass wir in vielen Punkten einen Schritt weiterkommen.»
Die Zukunft der Landwirtschaft
Auch Schulze sagte den Demonstranten seine Unterstützung zu. Es gehe um eine Zukunft der Landwirtschaft, der Ernährungswirtschaft «und wir wollen, dass man in Berlin auf uns hört». Man sei zu Kompromissen bereit. «Aber Kompromisse heißt für uns nicht, dass man so lange versucht mit uns zu diskutieren, bis wir die Meinung von Cem Özdemir akzeptieren.» Das werde nicht der Kompromiss sein.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium pocht auf einen Umbau hin zu weniger Tieren pro Stall. Schulze, Schwarz und ihre Kollegen aus drei weiteren Unions-geführten Agrarministerien befürchten, dass – wenn Özdemirs Pläne Realität werden – Fleisch von Tieren importiert werde, das unter geringeren Tierwohl- und Umweltstandards erzeugt werde.
Ein weiteres Thema, das vor der Konferenz in den Küstenländern große Diskussionen ausgelöst hat und einen Fischereihafen wie Büsum immens trifft, ist das von der EU-Kommission geplante Verbot von Grundschleppnetzen in Schutzgebieten. Hier scheinen die Positionen zumindest zwischen Bund und den betroffenen norddeutschen Landesregierungen ähnlicher zu sein – sie sehen das geplante Verbot kritisch. «Ich halte das vorgeschlagene undifferenzierte Pauschalverbot von Grundschleppnetzen nicht für den richtigen Weg, denn es hätte gravierende Folgen für die deutsche Krabbenfischerei», sagte Özdemir kürzlich.