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Zu schade zum Verbrennen – Der Kampf ums Holz

Apr 15, 2023
Im vergangenen Jahr wurde in deutschen Wäldern 78,7 Millionen Kubikmeter Holz eingeschlagen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa)

Holz aus deutschen Wäldern ist begehrt. Bauherren wie auch die immer zahlreicheren privaten Kaminbesitzer haben im vergangenen Jahr deutliche Preissprünge erlebt, der Rohstoff war auch wegen des Kriegs in der Ukraine nicht mehr allseits zu günstigen Preisen verfügbar. Da ist es nicht erstaunlich, dass 2022 in deutschen Wäldern so viel Holz zur Energiegewinnung geschlagen worden ist wie noch nie seit der deutschen Wiedervereinigung. Umweltschützer wie Holzwirtschaft sehen die Entwicklung kritisch, wenn auch aus unterschiedlichen Beweggründen.

13,8 Millionen Kubikmeter «Energieholz» bedeuteten eine Steigerung um 17,3 Prozent im Vergleich zu 2021 und einen absoluten Höchstwert, wie das Statistische Bundesamt am Freitag berichtete. An der leicht gesunkenen Gesamt-Einschlagmenge von 78,7 Millionen Kubikmetern war das ein Anteil von 17,6 Prozent. Anders gesagt: Von sechs gefällten Bäumen wurde einer verfeuert. Beim Laubholz endete wie in den Vorjahren mehr als die Hälfte der geschlagenen Menge in den Flammen. Holzexperten gehen von noch höheren Zahlen aus, weil in den amtlichen Statistiken die Privatwälder nicht vollständig abgebildet seien.

Industrie in der Zange

Die Holzindustrie klagt über hohe Preise und zu geringes Angebot beim Laubholz. Denny Ohnsorge, Hauptgeschäftsführer beim Branchenverband HDH, sieht die Unternehmen in einer Zange zwischen politisch-ökologisch motivierten Einschlagstopps und wachsender Konkurrenz durch die gestiegene Brennholznachfrage. Während in den Wäldern die Menge verfügbaren Eichen- und Buchenholzs steige, erhielten Möbel- und Parkettfabriken immer weniger Rohstoff, klagt der Verband. Den Bau neuer Holzheizkraftwerke ohne Kraft-Wärme-Kopplung lehne der HDH daher ebenso ab wie ineffiziente Kaminöfen in Privathaushalten. Ein Verbot von Pellet-Heizungen wolle man aber nicht.

«Wir können es uns nicht mehr leisten, unsere Wälder zu verbrennen. Sie brennen bereits weltweit von selbst», sagt die BUND-Waldexpertin Nicola Uhde. Sie will die biologische Vielfalt der Wälder erhalten und ausbauen. Der Holzeinschlag müsse dafür sehr deutlich reduziert werden, die Verbrennung sowohl im industriellen Maßstab wie auch in privaten Haushalten ebenso. Für ältere Buchenmischwälder verlangt der BUND ein Einschlagmoratorium. Uhde sagt: «Wir müssen Schluss machen mit dem Märchen, dass das Verbrennen von Holz klimaneutral sei. In dem Moment, in dem es verbrannt wird, wird das über Jahrzehnte gebundene CO2 mit einem Schlag freigesetzt.»

Deutschland ist etwa zu einem Drittel mit Wald bedeckt. In seiner Waldgesamtrechnung hat das Statistische Bundesamt den Wert des stehenden Holzvorrats von 3,8 Milliarden Kubikmeter auf knapp 52 Milliarden Euro geschätzt. In ihrer «Waldstrategie 2050» geht die Bundesregierung davon aus, dass unter nachhaltigen Bedingungen jährlich 73 Millionen Kubikmeter Holz netto geschlagen werden können.

Schadholz durch Trockenheit kommt hinzu

Dass der aktuelle Einschlag mit 78,7 Millionen Kubikmetern leicht darüber liegt, ist allein auf die großen Waldschäden der vergangenen Jahre zurückzuführen. Auch 2022 machte das sogenannte «Schadholz» mit 44,7 Millionen Kubikmetern weit mehr als die Hälfte des gesamten Holzeinschlags aus. Besonders Fichten-Monokulturen sind in der Trockenheit der vergangenen Jahre stark von Borkenkäfern befallen worden.

Mehr als zwei Drittel (67,1 Prozent) der Einschlagmenge entfiel in der Folge auf Nadelholz wie Fichte, Tanne und Douglasie. In den beiden Jahren zuvor hatte Nadelholz wegen des noch höheren Schadholzaufkommens jeweils über 70 Prozent gelegen. Das Thünen-Institut für Waldökosysteme rechnet mit einem weiter zunehmenden Befall und verminderten Ökosystemfunktionen des Waldes wegen der großen betroffenen Flächen.

Die kahlen Hänge im Harz und anderen Mittelgebirgen müssen mit klimastabileren Baumarten als Mischwald wieder aufgeforstet werden, meint auch die Holzindustrie. Der Präsident des Deutschen Holzwirtschaftsrats (DWHR), Erwin Taglieber, forderte kürzlich eine «Zeitenwende auch beim Holz» und meint damit einen unkomplizierteren Zugriff auf das heimische Holz. «Wir leiden unter überbordender Bürokratie und zuweilen auch an einer Holznutzungs-Verhinderungskultur.»

Unter nachhaltiger Waldwirtschaft werde inzwischen weit mehr verstanden als die Sicherstellung der Holzmengen, erklärt hingegen das Umweltbundesamt. Zusätzliche Ziele sind unter anderem die Verbesserung der Klimawirkung der Wälder, der Erhalt von Ökosystemen sowie der Schutz von Boden- und Wasserressourcen. Die dazu notwendigen naturnahen Wälder sind nur auf einem guten Drittel der deutschen Waldfläche zu finden. In der Waldstrategie 2050 geht die Regierung in der Folge des klimabedingten Waldumbaus von einem steigenden Laubholzanteil aus, der den Ausfall von verwertbaren Nadelhölzern nicht ausgleichen könne. Diese müssten zunehmend importiert werden.

Von Christian Ebner, dpa