Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hält im Kampf gegen die hartnäckig hohe Inflation weitere Zinserhöhungen im Euroraum für notwendig. «Der Kampf gegen die hohe Inflation ist noch nicht gewonnen», sagte Nagel der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» in einem Interview. «Die Inflationsrate ist in den vergangenen Monaten zwar zurückgegangen, aber sie bleibt immer noch viel zu hoch», sagte Nagel.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte am Donnerstag zum siebten Mal in Folge die Zinsen im Euroraum erhöht. Allerdings fiel die Anhebung mit 0,25 Prozentpunkten geringer aus als die Erhöhungen zuvor. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Zentralbankgeld besorgen können, steigt auf 3,75 Prozent. Parken Banken Geld bei der EZB, erhalten sie dafür künftig 3,25 Prozent Zinsen.
Nagel: «Zinsen sollten noch weiter steigen»
«Ich hätte mir auch einen Zinsschritt von 0,5 Prozentpunkten vorstellen können. Aber wir haben ja bereits weitere Zinsschritte angekündigt», sagte Nagel. Wichtig sei die Botschaft: «Wir sind noch nicht am Ende: Die Zinsen sollten noch weiter steigen.»
Die EZB strebt mittelfristig für den Euroraum Preisstabilität bei zwei Prozent Inflation an. Im April lagen die Verbraucherpreise im Währungsraum der 20 Staaten um 7,0 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. In Deutschland betrug die jährliche Teuerungsrate vorläufigen Berechnungen zufolge 7,2 Prozent.
«Die Inflation wird merklich sinken. Aber es kann wohl noch bis Anfang 2025 dauern, bis die harmonisierte Inflationsrate in Deutschland wieder nachhaltig eine Zwei vor dem Komma hat», prognostizierte Nagel. «Wir müssen ein hinreichend hohes Zinsniveau erreichen, damit wir die hohe Inflation im Euroraum besiegen. Und wenn wir dieses Zinsniveau erreicht haben, dann müssen wir vermutlich erstmal einige Zeit darauf verharren.»