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Fürs «Recht auf Vergessenwerden» muss man Fehler nachweisen

Mai 23, 2023
Wann haben Google-Nutzer ein Recht auf Vergessenwerden? Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof beschäftigt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uli Deck/dpa)

Im Internet vergessen zu werden, ist ganz schön schwer. Zwar können sich Menschen zum Beispiel dagegen wehren, dass Suchmaschinen wie Google bei den Treffern fragwürdige Artikel über sie anzeigen. Doch müssen sie «relevante und hinreichende Nachweise» vorlegen dafür, dass die darin enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind – oder zumindest ein für den gesamten Inhalt «nicht unbedeutender Teil». So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden.

Die Betreiber der Suchmaschinen sind indes nicht verpflichtet, diesbezüglich selbst zu ermitteln und Treffer mit möglicherweise falschen Angaben aus den Listen zu nehmen oder gar auf die Betroffenen zuzugehen. Das berge die Gefahr, dass auch solche Links nicht mehr auftauchen, die eigentlich nicht zu beanstanden und für die Information der Öffentlichkeit relevant wären – weil sich die Betreiber die Ermittlungsarbeit sparen wollen, erklärte der Vorsitzende Richter des sechsten Zivilsenats am BGH, Stephan Seiters.

Die obersten Zivilrichter und -richterinnen Deutschlands hatten sich an einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) orientiert.

Der Aufwand, den Betroffene für den Nachweis fehlerhafter Angaben betreiben müssen, soll laut Seiters angemessen sein. Was das genau bedeutet und wann Belege relevant und hinreichend genug sind, müsse allerdings für jeden Einzelfall geprüft werden. Klar ist die Sache, wenn ein Urteil bestätigt, dass die Informationen nicht der Wahrheit entsprechen. Eine Grundvoraussetzung ist darüber hinaus, dass in einem beanstandeten Text überhaupt personenbezogene Daten auftauchen.

Im konkreten Fall ging es um ein Paar aus der Finanzbranche, das sich im Internet verleumdet sah. Die Kläger wollten, dass mehrere kritische Artikel über ihr Anlagemodell nicht mehr als Treffer auftauchen, wenn man bei Google nach ihren Namen sucht. Eine US-amerikanische Internetseite hatte die Texte veröffentlicht. Deren Betreiberin war wiederum Vorwürfen ausgesetzt, sie lanciere gezielt negative Berichte, um die Betroffenen damit zu erpressen.

Google entfernte die Links zu den Artikeln nicht. Zur Begründung hieß es, man könne nicht beurteilen, ob etwas an den Vorwürfen dran sei. Das Kölner Oberlandesgericht als Berufungsinstanz hatte im Jahr 2018 entschieden, dass Google die beanstandeten Texte größtenteils weiter anzeigen darf. Die Kläger hätten eine offensichtliche Rechtsverletzung nicht auf die erforderliche Weise dargelegt.

Der BGH stützte diese Entscheidung und wies die Revision der Kläger weitgehend zurück. Er gab ihnen aber in dem Punkt Recht, dass keine Fotos mit ihnen ohne jeglichen Kontext in den Trefferlisten angezeigt werden dürfen – sogenannte Vorschaubilder («Thumbnails»).

Ohne Zusammenhang, nur für sich genommen, seien die Fotos nicht aussagekräftig, erläuterte Richter Seiters bei der Verkündung. Hier überwiege das Recht am eigenen Bild – auch wenn man mit einem Klick auf die Seite mit den entsprechenden Texten komme. Das Anzeigen solcher Vorschaubilder sei daher nicht gerechtfertigt gewesen.

Dass sich der EuGH mit dem Thema befasst hatte, geht auch auf das Verfahren zurück: Der BGH hatte ihn 2020 zurate gezogen, weil es für den Datenschutz EU-weit einheitliche Standards gibt. Seit Dezember 2022 liegt die Luxemburger Entscheidung dazu vor, deren Kernaussagen der BGH nun auf den konkreten Fall übertragen hat.

Wenn Informationen der Wahrheit entsprächen, sei die Veröffentlichung ohnehin hinzunehmen, führte Seiters weiter aus. Nichts anderes gelte dann auch für Fotos, die mit dem Text publiziert worden seien.

Von Marco Krefting, dpa