Nach der Einigung zwischen Bayern, Tirol und Südtirol zur Entlastung der Brennerroute im April deutet sich nun womöglich der nächste Schritt zur Lösung des Dauerstreits an.
Deutschland, Österreich und Italien bitten die EU-Kommission, bis Juli zu einem Ministertreffen einzuladen, wie Bundesverkehrsminister Volker Wissing nach einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen sagte. «Die anstehenden Gespräche sind ein echtes Licht am Ende des Tunnels», betonte der FDP-Politiker. Doch viele Punkte sind noch offen, und eine endgültige Einigung auf Ebene der Staaten fehlt – wichtige Fragen und Antworten zum Brennerstreit:
Was wollen die Brennerregionen Bayern, Tirol und Südtirol?
Die drei direkten Anlieger der Brennerroute über die Alpen – Bayern, Tirol und Südtirol – hatten sich im April für die Einführung eines digitalen Verkehrsmanagementsystems für den Güterverkehr ausgesprochen. Lastwagen sollen für die Route über den wichtigen Alpenpass verpflichtend bestimmte Zeitfenster (Slots) buchen müssen. So soll der Verkehr entzerrt, Staus vermieden und die Anwohner in den betroffenen Regionen vor den Folgen des Verkehrs geschützt werden.
Woran hakt die Umsetzung des Lösungskompromisses?
Rechtliche Grundlage soll am Ende eine zwischenstaatliche Vereinbarung zwischen Italien, Österreich und Deutschland sein. Inwiefern diese weiter vorangetrieben werden konnte, ist offen. «Bisher haben wir aber weder aus Berlin noch aus Brüssel eine Antwort auf unsere Vorschläge erhalten. Ich freue mich, dass alle drei Nationalstaaten sich jetzt auf Ministerebene treffen wollen», sagte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) der Deutschen Presse-Agentur.
Was sagt die Bundesregierung zum trilateralen Kompromissvorschlag?
Nach einem Bericht «Süddeutschen Zeitung» sieht Wissing ihn eher skeptisch. Im Bundesverkehrsministerium werde zwar «jede Vereinbarung, die eine tatsächliche Verbesserung der schwierigen Verkehrssituation am Brenner bringt» begrüßt, allerdings müsse die Warenverkehrsfreiheit tatsächlich und nachhaltig verbessert werden. «Systeme, die die Blockabfertigung mittels Digitalisierung fortsetzen, ändern am Grundsatz einer Kontingentierung nichts.»
Was sagen Österreich und Italien?
Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler hat Berichten zufolge Unterstützung für ein Slot-System bekundet. Dagegen ließ sich ihr italienischer Kollege Matteo Salvini mit Sätzen zitieren, wonach er über das Slot-System nicht einmal diskutieren wird, solange Österreich und Tirol nicht die Blockabfertigung beenden.
Was sagen die betroffenen Spediteure und Transitgegner?
Grundsätzlich unterstützt der Landesverband Bayerischer Spediteure das Slot-System, sieht aber viele offene Fragen. Etwa, was passiert, wenn ein Zeitkorridor unverschuldet wegen Staus oder Unfällen nicht erreicht werden könne. Tiroler Transitgegner fürchten dagegen, dass die Verkehrsbelastung größer wird. Der Lkw-Verkehr über die Brennerroute hat in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen – 2022 waren es 2,5 Millionen Lastwagen und damit 40 Prozent des gesamten Alpentransits im Güterverkehr.
Liegen andere Lösungen auf dem Tisch?
Bisher nicht. Alle in der Vergangenheit diskutierten Varianten, etwa eine allgemein höhere Brennermaut, verschwanden in der Folge als wenig zielführende Lösungen in der Versenkung. Die derzeit von Tirol – und in der Folge auch von Bayern – in bestimmten Regionen vorangetriebene Blockabfertigung gilt allgemein als nicht dauerhaft tragfähige Lösung. Insbesondere die Logistikbranche sieht die teils Dutzende Kilometer langen Staus an den Grenzen kritisch.
Was ist mit der angedrohten Klage gegen die Blockabfertigung?
Auch wenn Politiker wie der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber die Klage immer wieder thematisieren, ist die Umsetzung derzeit unwahrscheinlich. Diese könnte nur von der Bundesregierung oder der EU-Kommission eingereicht werden. Die angestrebte schnelle Lösung wäre damit in weiter Ferne. «Wir setzen auf Kompromisse, die Alternative einer Klage ist langsamer und weniger nachhaltig», betonte auch Bernreiter. Die nächste Blockabfertigung ist nach Angaben des ADAC unterdessen für Samstag (3. Juni) geplant.