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200 Jahre Regenmantel – Friesennerz in der Krise

Noch immer das passende Kleidungsstück bei stürmischem Wetter: der Regenmantel. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Hauke-Christian Dittrich/dpa)

Wie bei so vielem half der Zufall mit bei der Erfindung des Regenmantels. Charles Macintosh suchte nach einer Verwendung für die Abfallprodukte von Gaswerken. Da bemerkte der schottische Chemiker, dass Steinkohleteer-Naphtha Kautschuk auflöst. Er nahm ein Wolltuch, bestrich eine Seite davon mit dem Gummipräparat und legte eine weitere Schicht Wolle darauf – fertig war ein wasserfester Stoff, der perfekt für Regenmäntel war.

An diesem Samstag (17. Juni) ist es 200 Jahre her, dass Macintosh sein Patent Nummer 4804 anmeldete: Er beanspruchte die Rechte an seiner Methode der «Herstellung, um die Textur von Hanf, Flachs, Wolle, Baumwolle, Seide sowie Leder, Papier und anderen Substanzen wasser- und luftundurchlässig zu machen». Der «Mac» war geboren. Denn Macintoshs Name wurde – über die Jahre mit einem «k» zu «Mackintosh» ergänzt – zum Synonym für eine Regenjacke. Später trugen auch britische Soldaten, Polizisten oder Eisenbahner gummierte Mäntel.

Die Idee, zwei Lagen Baumwolle mit einer Schicht für Regen undurchlässigen Kautschuks zu verkleben, war wegweisend für die Produktion im Industriezeitalter. Zwar war der «Mackintosh» keineswegs das erste wasserabweisende Kleidungsstück. Südostasiatische Bauern trugen aus Kokospalmblättern oder Stroh gewebte Mäntel und breitkrempige Hüte, europäische Seeleute tränkten ihre Segeltuchkleidung in Leinöl. Der gummierte Mantel jedoch setzte sich im 19. und 20. Jahrhundert durch.

Die DDR produzierte eigene Regenmäntel

In Deutschland gehörten an Regentagen in den 1970er und 1980er Jahren die gelben «Friesennerze» zum Straßenbild. Hersteller war das ursprünglich in Dänemark beheimatete Unternehmen Jeantex. In der DDR wurden gelbe Regenmäntel aus heimischer Produktion verkauft.

Doch Gummi – ob natürlich oder synthetisch – ist nicht atmungsaktiv. «In einem Gummimantel geht der Schweiß nicht hindurch», erläutert Thomas Stegmaier, Leiter des Kompetenzzentrums für Textilchemie, Umwelt und Energie an den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung in Denkendorf. «Nach einiger Zeit ist die Person ziemlich feucht beziehungsweise nass vom eigenen Schweiß.» Die Herausforderung für die Textilindustrie liegt also darin, dass ein wasserabweisendes Material auch möglichst atmungsaktiv sein soll.

In aller Regel seien für den entsprechenden Stoff wasserabweisende Ausrüstungen nötig, sagt Stegmaier. «Das sind sehr dünne Schichten, die um die Fasern gelegt werden.» Früher wurden fluorhaltige Chemikalien verwendet, auf die heute aus Umweltschutzgründen verzichtet wird. «Stattdessen werden auf Basis von Wachsen und/oder Silikonen diese Dünnstbeschichtungen durchgeführt. Je nach Rezeptur und Ausführung sind diese mehr oder weniger haltbar.» Wird ein solches Bekleidungsstück gewaschen, reibt die Beschichtung im Laufe der Zeit ab. «Selbst die besten Ausrüstungen für Berufsbekleidung halten nicht mehr als 40 bis 50 Wäschen aus», sagt Stegmaier.

Membran mit winzigen Öffnungen

Fluorhaltige Substanzen für die wasserabweisende Imprägnierung sind wasser-, schmutz, und ölabweisend und bekannt unter dem Kürzel PFC – polyfluorierte Chemikalie. «Diese sind aber gesundheitsschädlich, krebserregend und reichern sich in der Natur an», sagt eine Sprecherin von Vaude, einem der bekannten deutschen Hersteller von Outdoor-Bekleidung. Vaude – und auch einige andere Hersteller – verzichten daher mittlerweile auf die Imprägnierung mit PFC, Unternehmenschefin Antje von Dewitz ist in der Branche eine der bekanntesten Verfechterinnen umweltfreundlicher Textilproduktion.

Eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung sowohl wasserdichter als auch atmungsaktiver Textilien spielte das US-Chemieunternehmen Gore. Dieses entwickelte in den 1970er Jahren eine Technologie, die unter dem Namen Goretex weite Verbreitung gefunden hat, vor allem in Berufs-, Wander- und Bergsportbekleidung. Robert Gore und seine Mitarbeiter erfanden eine Membran mit winzigen Öffnungen, die dampfdurchlässig sind, aber kleiner als der kleinste Wassertropfen. Die Membran wird in ein Textillaminat eingefügt.

«Die Membrane übernimmt die Atmungsaktivität und die Wasserdichtigkeit und das Textil die mechanischen Kräfte und Robustheit», erläutert Stegmaier. «Im Operationsbereich leisten solche Laminate mit drei Lagen seit vielen Jahren wertvolle Dienste.»

Aus dem Straßenbild weitgehend verschwunden

Die Outdoor-Bekleidungshersteller imprägnieren aber üblicherweise auch derartige Textillaminate gegen Feuchtigkeit von außen. Wie eine Ente ihr Gefieder ölt, so müssen die Eigentümer ihre Kleidung von Zeit zu Zeit nachimprägnieren. Ansonsten durchfeuchtet der Stoff bei kräftigem oder andauerndem Regen trotz schützender Membran.

Ungeachtet der Haltbarkeitsprobleme haben sich diese modernen wasserabweisenden Textilien schließlich gegen Gummimäntel durchgesetzt. Zwar stellt die Firma Macintosh die berühmten Mäntel nach wie vor her, hat ihr Sortiment aber modernisiert. In Deutschland ist der «Friesennerz» aus dem Straßenbild weitgehend verschwunden, der frühere Hersteller Jeantex stellte vor Jahren den Betrieb ein.

Von Carsten Hoefer und Benedikt von Imhoff, dpa