Das Protestcamp am Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin darf zunächst bleiben. Das Gericht gab einem Eilantrag der Waldbesetzer gegen verhängte Auflagen statt. Die Forderungen der Polizei sahen unter anderem einen Abbau der Baumhäuser wegen Sicherheitsbedenken vor. Eine Räumung des Camps am europaweit einzigen Autowerk von Tesla ist damit vorerst nicht möglich.
«Alle Auflagen, die wir bekommen haben, waren rechtswidrig. Wir haben in allen Punkten Recht bekommen und werden deshalb auch weiterhin hier bleiben», sagte ein Sprecher der Initiative «Tesla stoppen» nach der Entscheidung des Gerichts.
Laut Verwaltungsgericht reichen die «zur Begründung der Auflagen vom Polizeipräsidium vorgetragenen allgemeinen Erwägungen zu einer Unvereinbarkeit des Protestcamps einschließlich der Baumhäuser mit naturschutzrechtlichen und baurechtlichen Vorschriften für die versammlungsrechtlich gebotene Gefahrenprognose» nicht aus. Vor dem Hintergrund des Protestes hätten versammlungsrechtliche Gefahren ausgemacht werden müssen, anstatt allgemeine bauordnungsrechtliche Umstände anzuführen, erklärte ein Sprecher des Gerichts nach der Entscheidung.
Werkserweiterung soll verhindert werden
Auch habe sich die Versammlungsbehörde nicht «im gebotenen Maße» mit dem Umstand befasst, dass die Versammlungsfreiheit durch die Grundrechte geschützt ist. Gegen die Entscheidung ist noch eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.
Etwa 80 Aktivisten besetzen derzeit einen Teil eines Waldes an der Fabrik des E-Autoherstellers. Ihr Ziel ist es, eine Rodung im Zuge einer geplanten Erweiterung des Geländes mitsamt Güterbahnhof zu verhindern. Ende Februar hatten sie ihr Camp errichtet. Eine Mehrheit der Bürger von Grünheide hatte in einer Bürgerbefragung gegen eine Erweiterung der Fabrik gestimmt. Die Gemeinde Grünheide schlägt in dem Konflikt vor, nur noch etwa die Hälfte des Waldes zu roden.
Nach der Gerichtsentscheidung herrschte im Camp ausgelassene Stimmung. Alle Beteiligten seien froh, dass das Camp nicht geräumt wird, erzählt eine Bewohnerin. «Damit ist das absolute Minimum an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit erreicht. Jetzt können wir erst einmal durchatmen».
Man wolle nun bis mindestens zum 20. Mai bleiben, führte eine Sprecherin der Initiative «Tesla stoppen» aus. «Wir gehen erst, wenn die Werkserweiterung verhindert ist.» Die Initiative kritisierte rückblickend das Vorgehen der Versammlungsbehörde. Es habe kein Kooperationsgespräch mit der Polizei oder eine angemessene Anhörung gegeben, sagte die Sprecherin der Initiative. Die Landesregierung habe von Anfang an versucht, den Protest zu kriminalisieren. «Unser Protest lässt sich nicht räumen.»
Experten: Baumhäuser sind sicher und baumschonend
Innenminister Michael Stübgen (CDU) lehnte bei einer Pressekonferenz zur Industriestrategie jeden Kommentar zu Tesla und dem Protestcamp ab. Er hatte die Auflagen am Freitag vorgestellt und verteidigt. Ob es eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vor dem OVG geben werde, war zunächst unklar.
Der Sprecher von «Tesla stoppen» sagte, die Auflagen seien «an den Haaren herbeigezogen» und mit dem klaren Ziel verbunden «uns hier wegzubekommen». Im Nachhinein betrachtet seien die Auflagen «eine krasse Blamage».
Die Waldbesetzer hatten nach eigenen Angaben zur Beurteilung der beanstandeten Sicherheitsaspekte an den Baumhäusern eigenständig ein Gutachten eines Bauingenieurs und eines Baumgutachters eingeholt. Der Bauingenieur bescheinigte demnach den Bauten hohe Sicherheitsstandards, so ein Sprecher der Initiative. Die Installationen könnten «über Monate, wenn nicht sogar über Jahre» in den Bäumen verbleiben. Der Baumgutachter habe auch bescheinigt, dass die Baumhäuser baumschonend gebaut seien.
Camp ordnungsgemäß angemeldet
Die Aktivisten erteilten auch den neuen, angepassten Plänen zum Ausbau der Fabrik eine Absage. Den «B-Plan light» lehne man ab, sagte die Sprecherin von «Tesla stoppen». Die Gemeinde Grünheide und Tesla hatten vor wenigen Tagen einen angepassten Bebauungsplan vorgestellt. Statt der über 100 Hektar, die ursprünglich zur Rodung für die Erweiterung des Geländes vorgesehen waren, sollen demnach nur noch knapp 50 Hektar Wald gerodet werden. Ab Donnerstag will die Gemeinde die Bürger in einem Beteiligungsverfahren auch bei diesen Plänen einbeziehen.
Die Aktivisten hatten das Camp wie eine Demonstration als politische Versammlung angemeldet. Solche Veranstaltungen unterliegen dem Versammlungsrecht und müssen von der Polizei nicht extra genehmigt werden. Sie können aber unter bestimmten Umständen untersagt oder mit Auflagen versehen werden.