• Sa. Nov 23rd, 2024

EU-Staaten wollen Preis für russisches Öl begrenzen

Tanks des russischen Staatsunternehmens Transneft im Ölterminal von Ust-Luga. Die EU-Staaten haben sich auf die Höhe eines Preisdeckels für russisches Öl geeinigt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Stringer/dpa)

Die EU will Russland gemeinsam mit internationalen Partnern dazu zwingen, Erdöl künftig unter Marktpreis an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Eine von Regierungsvertretern erzielte Absprache sieht vor, zunächst eine Preisobergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel festzulegen, wie unter anderem Estlands Regierungschefin Kaja Kallas am Abend bestätigte.

Der Preis von umgerechnet etwa 57 Euro pro 159 Liter würde dann um bis zu 9 Euro unter dem jüngsten Marktpreis für russisches Rohöl der Sorte Urals liegen. Er wird den Plänen zufolge von Montag an gelten.

Um die Preisobergrenze durchzusetzen, soll geregelt werden, dass für russische Ölexporte wichtige Dienstleistungen künftig nur noch dann ungestraft geleistet werden dürfen, wenn der Preis des exportierten Öls die Preisobergrenze nicht überschreitet. Westliche Reedereien könnten mit ihren Schiffen damit weiterhin russisches Öl in Drittstaaten wie Indien transportieren. Auch soll die Regelung für andere wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste gelten.

Die Hoffnung ist, dass die Preisobergrenze zu einer Entspannung an den Energiemärkten führt und Drittländer entlastet. Zudem soll damit auch dafür gesorgt werden, dass Russland nicht mehr von Preisanstiegen für Öl profitiert und damit seine Kriegskasse füllen kann.

Moskau kritisiert Erdöl-Preisdeckel

Mit dem Preisdeckel für russisches Erdöl gefährdet die Europäische Union nach Meinung des prominenten russischen Außenpolitikers und Duma-Abgeordneten Leonid Sluzki ihre Energiesicherheit. Daneben verstoße die EU auch gegen die Marktgesetze, wie die Staatsagentur Tass am Freitag über die Reaktion Sluzkis berichtete. «Die EU gefährdet ihre eigene Energiesicherheit. Sie haben keinen Deckel eingeführt, sondern wieder den Boden durchbrochen.» Und dies alles, um «die Ambitionen von Übersee-Partnern zu befriedigen», sagte Sluzki mit Blick auf die USA. «Doch von dort können die Europäer keine Hilfe erwarten.» Sluzki leitet in der Staatsduma den Auswärtigen Ausschuss.

Regelmäßige Überprüfung der Preisobergrenze

Um auf Marktentwicklungen reagieren zu können, sehen die Pläne vor, die Preisobergrenze etwa alle zwei Monate zu überprüfen. Sie soll immer um mindestens fünf Prozent unter einem vom der Internationalen Energieagentur (IEA) ermittelten Durchschnittspreis liegen. Neben der EU sind Länder wie die USA, Großbritannien, Kanada, Japan und Australien bei dem Projekt mit dabei.

Die Preisobergrenze soll das bereits im Juni von der EU beschlossene Öl-Embargo gegen Russland ergänzen. Dieses sieht unter anderem vor, den Erwerb, die Einfuhr oder die Weiterleitung von Rohöl und bestimmten Erdölerzeugnissen aus Russland in die EU zu verbieten. Die Beschränkungen gelten ab dem 5. Dezember für Rohöl und ab dem 5. Februar 2023 für andere Erdölerzeugnisse. Es gibt allerdings einige Ausnahmeregelungen zum Beispiel für Ungarn.

Den Grundsatzbeschluss zur Einführung der Preisobergrenze für russisches Öl hatten die Mitgliedstaaten im Oktober getroffen – nachdem zuvor die Gruppe der führenden westlichen Industrienationen (G7) eine entsprechende Initiative gestartet hatte.

Verhandlungen gestalten sich als schwierig

Schwieriger als erwartet gestalteten sich zuletzt allerdings die Verhandlungen über die konkrete Preisobergrenze. Polen forderte bei den Gesprächen zunächst mit Unterstützung baltischer Staaten, eine Preisobergrenze von unter 30 Dollar pro Barrel festzusetzen und so an den geschätzten Produktionskosten von 20 bis 40 Dollar pro Barrel zu bleiben. Unterstützt wurde die Regierung in Warschau dabei von der Ukraine. So sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in der vergangenen Woche, ein Preis von bis zu 30 Dollar wäre möglich.

Gegen eine so niedrige Preisgrenze waren allerdings insbesondere Staaten wie Griechenland und Malta. Sie befürchten, dass eine zu niedrige Preisgrenze dazu führen könnte, dass in ihren Ländern angesiedelte Reedereien Pleite gehen, weil Russland sich weigern könnte, sein Rohöl zu einem sehr niedrigen Preis zu verkaufen. Eine russische Weigerung, sich dem Zwangsregime zu unterwerfen, könnte zudem auch Turbulenzen und Preisanstiege an den internationalen Märkten auslösen.

Estlands Regierungschefin Kallas teilte nach der Einigung in Brüssel mit, Teil des Deals sei auch die schnelle Verabschiedung eines neunten Pakets mit anderen Sanktionen gegen Russland. Dazu soll es nach Angaben von EU-Beamten bereits am Wochenende neue Koordinierungsgespräche geben.

Von Ansgar Haase, dpa