Am Tag des großen Verfalls an den Terminbörsen bleiben deutsche Aktien unter Druck. Aus einer frühen Stabilisierung wurde nichts: Der Dax war am Ende der ersten Handelsstunde mit 0,69 Prozent ins Minus abgerutscht auf 13.889,68 Punkte. Der MDax verlor 1,05 Prozent auf 25.023,66 Zähler. Der Eurozonen-Index EuroStoxx 50 bewegte sich derweil mit 0,8 Prozent im Minus.
Am Vortag war «das Zinsgespenst zurückgekehrt», formulierte es Marktbeobachter Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners am Morgen. Die Ankündigung weiterer deutlicher Zinserhöhungen von der Europäischen Zentralbank hatte dem Dax den größten Tagesverlust seit Juni eingebrockt. Aktuell steuert der Leitindex auf ein Wochenminus von 3,4 Prozent zu.
Vor dem Wochenende dominiert nun der Verfallstag. Dabei versuchen Investoren für gewöhnlich, die Kurse taktisch in eine für sie günstige Richtung zu bewegen. Laut Altmann handelt es sich um den «größten und wichtigsten Optionsverfalltermin des Jahres», bei dem auch die 14 000 Punkte eine bedeutende Rolle spielen dürften. «Durch den heutigen Tag müssen die Anlegerinnen und Anleger noch durch, bevor sie auf etwas mehr weihnachtliche Ruhe auf dem Parkett hoffen dürfen», sagte Altmann.
Aktienseitig gibt es nur vereinzelt Grund zur Freude: Die Teamviewer-Aktie etwa legte zwar zwei Prozent zu, relativierte dabei aber deutlich ihr Spitzenplus von über zehn Prozent. Der auf Fernwartung spezialisierte Softwareanbieter hat sich die laute Kritik von Investoren zu Herzen genommen und eine Ausstiegsmöglichkeit aus dem teuren Sponsorvertrag mit dem englischen Fußballclub Manchester United ausgehandelt. Laut dem DZ-Bank-Experten Armin Kremser wurde viel Fantasie dafür zuletzt aber schon eingepreist.
Ansonsten waren Kursgewinner eher rar. Die Papiere von Südzucker waren mit einem Anstieg um fünf Prozent ein solcher. Sie knüpften an ihren guten Lauf vom späten Donnerstagshandel an, als eine neue Prognose für das kommende Geschäftsjahr bei Anlegern gut angekommen war. Der Kurs sprang am Freitag auf ein Hoch seit Mitte August.
Ansonsten spielten erneut Analystenkommentare eine belastende Rolle: Die Papiere von Morphosys rutschten um 13 Prozent ab wegen einer Verkaufsempfehlung der US-Bank Goldman Sachs. Erstmals seit 2009 kosteten sie wieder weniger als 13 Euro. Analyst Rajan Sharma begründete seinen Pessimismus in einer am Freitag vorliegenden Studie mit wirtschaftlichen Herausforderungen und einer dünnen Medikamenten-Pipeline.
Die Aktien von Ceconomy, die am Vortag eingebrochen waren, rutschten weiter um fast drei Prozent ab. Sie erreichten zeitweise den niedrigsten Stand seit Ende Oktober. Hier gab die Investmentbank Oddo BHF das Urteil «Underperform» ab. Dem Elektronikhändler stehe ein unsicheres Jahr 2023 bevor, schrieb Analyst Andreas Riemann in einer am Freitag vorliegenden Studie. Die Profitabilität sei weiter zu niedrig.
Der nächste im Bunde mit fallenden Kursen nach einer Analystenstimme waren die Aktien von TAG Immobilien, die im MDax um 2,4 Prozent fielen. Hier gab das Analysehaus Stifel seine bisherige Kaufempfehlung auf. In seiner Studie zeigte sich Analyst Tom Carstairs skeptisch für den ganzen Sektor wegen der weiterhin großen Zinsunsicherheit. Damit scheide ein Wiederanziehen der Immobilien-Transaktionen als potenziell positiver Kurstreiber aus.