Es ist eins der größten Infrastrukturprojekte im Nordwesten: Der Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven ist nun doppelgleisig und elektrifiziert an das Bahnnetz angebunden. Dafür wurden 70 Kilometer Bahnstrecke nach Oldenburg ausgebaut und modernisiert. Am Montag wurde die Strecke offiziell in Betrieb genommen.
Elf Jahre lang dauerten die technisch anspruchsvollen Bauarbeiten über den früheren Wattboden am Jadebusen. Die Deutsche Bahn gab mit dem Bund, dem Land Niedersachsen, der Region und der EU 1,36 Milliarden Euro aus. Der Güterverkehr von und zum drittgrößten Containerhafen Deutschlands profitiert sofort von der Anbindung. Beim Personenverkehr Richtung Nordseeküste lassen große Verbesserungen auf sich warten.
Von einer «technischen Meisterleistung für den Klimaschutz» sprach Bahn-Vorstand Berthold Huber bei einem Festakt in Oldenburg. Der Ausbau erlaube es, die Fracht von etwa 2000 Lastwagen täglich von der Straße auf die Schiene zu holen. «Das spart massiv CO2 und entlastet Straßen und Umwelt.»
Bei dem Ausbau wurde auch der Bahnhof Wilhelmshaven elektrifiziert. Am Montag ließ die Bahn die Regio-S-Bahn erstmals mit Strom zwischen Oldenburg und Wilhelmshaven fahren. Doch eine große Baustelle gibt es noch: Die Bahnbrücke über die Alexanderstraße in Oldenburg muss erneuert werden. Das schafft Probleme im Fahrplan und führt nach Angaben des Fahrgastverbandes Pro Bahn dazu, dass es für ein Jahr keine durchgehende Verbindung zwischen Bremen und Wilhelmshaven gibt.
250 Jahre alte Seekarten kamen zum Einsatz
Ab dem Winterfahrplan 2023 werde es auf dieser Strecke wieder ohne Umsteigen gehen, verspricht die Bahn. Auch Pro-Bahn-Landesvorstand Malte Diehl erwartet erst dann wirklich spürbare Veränderungen. «Das Wichtigste ist für uns die verbesserte Verbindung nach Bremen und Hannover.» Dann sollen Regionalexpress-Züge von Wilhelmshaven direkt in die Landeshauptstadt fahren.
Beim Ausbau der Strecke auf weichem Untergrund mussten sich die Ingenieure an vielen Stellen etwas einfallen lassen. Selbst 250 Jahre alte Seekarten kamen bei der Planung zum Einsatz, weil sie etwas über die Bodenbeschaffenheit aussagten, berichtete Huber. «Im Grunde genommen befinden wir uns im Watt.»
Zwischen Varel und Sande wurde eine 1500 Meter lange, unterirdische Brücke auf Pfählen gebaut, die 20 Meter tief reichen. Bei Sande im Kreis Friesland wurde die Strecke zum Containerhafen abgezweigt – einschließlich einer neuen Brücke über den Ems-Jade-Kanal. 45,5 Kilometer der Strecke wurden mit Lärmschutzwänden versehen.
Aufschwung für den Jade-Weser-Port?
Für den Jade-Weser-Port ist die Bahnanbindung in die deutschen Industriezentren wichtig. Das Containerterminal könne «jetzt richtig Fahrt aufnehmen», sagte Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies. Der Hafen werde für Transporteure attraktiver, wenn nicht mehr zwischen Diesel- und Elektroloks umgespannt werden müsse, sagte Holger Banik, Geschäftsführer der landeseigenen Hafengesellschaft. Die 16 Gleise des hafeneigenen Güterbahnhofs seien elektrifiziert worden.
Das Sorgenkind unter den deutschen Containerhäfen hat seit der Inbetriebnahme 2012 nie die Kapazität von 2,7 Millionen Standardcontainern (TEU) im Jahr ausgeschöpft. Doch als die globalen Fahrpläne der Containerschiffe wegen der Pandemie durcheinandergerieten, profitierte Wilhelmshaven: Viele Frachter konnten hier kurzfristig anlegen. 2021 wurden 713 000 TEU umgeschlagen – ein Höchstwert für den Hafen. In Zukunft soll Wilhelmshaven wichtiger werden, weil auch die größten Containerschiffe unabhängig von Ebbe und Flut das Terminal erreichen können.