Der Bauernverband dringt auf eine schnelle Erweiterung des staatlichen Tierhaltungslogos, das zunächst mit Schweinefleisch im Supermarkt starten soll. «Es ist positiv, dass mit dem Gesetz die Tür geöffnet wird. Das kann aber nur ein Auftakt sein», sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der Deutschen Presse-Agentur vor dem Deutschen Bauerntag in Münster.
Die Kennzeichnung sei noch «sehr lückenhaft». Systemgastronomie, Kantinen, verarbeitete Waren, Wurst sowie die Sauenhaltung seien nicht eingebunden. «Das muss alles schnellstens auf den Weg gebracht werden, sonst wird es nicht der Erfolg, den man sich erhofft.» Auch eine Herkunftskennzeichnung fehle.
Kennzeichnung mit Wirkung?
Der Bundestag hatte Mitte Juni ein Gesetz von Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) beschlossen, das ab 2024 eine Pflichtkennzeichnung für inländische Erzeugnisse vorsieht. Geplant ist ein System mit fünf Haltungskategorien während der Mast vom gesetzlichen Mindeststandard bis zu Bio.
Die Ampel-Koalition hat bereits deutlich gemacht, dass Ausweitungen auf Wurst und die Gastronomie in Angriff genommen werden sollen, ebenso auf Sauen und Ferkel. Seit längerem gibt es schon eine freiwillige Haltungskennzeichnung der großen Supermarktketten.
Rukwied sagte, das von einer Branchen-Initiative getragene Logo sei «das einzige Kennzeichen, das wirklich im Markt eine große Relevanz hat». Die «Initiative Tierwohl» dürfe nicht gefährdet werden und müsse auch künftig funktionieren. «Da haben wir schon relativ breit mehr Tierwohl in die Ställe gebracht.»
Zur vorerst vorgesehenen Förderung von einer Milliarde Euro für den Umbau von Ställen zu besseren Haltungsbedingungen sagte der Bauernpräsident: «Es ist besser als nichts, aber viel, viel zu wenig.»
Bauernpräsident zu weiteren Agrar-Entwicklungen
Rukwied wies auf die «dramatische» Entwicklung in der Schweinehaltung hin. In den vergangenen zehn Jahren sei die Hälfte der Schweinehalter verloren gegangen. Der Bestand sei von 2012 bis 2022 um 5,8 Millionen Tiere abgebaut worden, im selben Zeitraum habe Spanien um mehr als sieben Millionen Tiere aufgestockt. «Das heißt, wir haben eine Verlagerung in Regionen, die nicht zu unseren Standards Tiere halten. Auch für die Kreislaufwirtschaft brauchen wir die Tierhaltung, um organische Dünger zur Verfügung zu haben.» Mit Blick auf landwirtschaftliche Böden warnte der Bauernpräsident: «Wir sehen einen steigenden Flächenverbrauch, zum Beispiel für Wohn- und Gewerbegebiete. Hinzu kommt, dass Flächen auch für Solarenergie beansprucht werden.» Da entstehe zusätzlicher Flächendruck. «Deshalb muss die Reihenfolge bei Photovoltaik klar sein: Dächer zuerst, dann Parkplätze, dann Konversionsflächen, dann – wenn gebraucht – schlechte Landwirtschaftsflächen. Und von den besseren sollte man die Finger lassen.» Es gebe aber Landwirte, die sich mit Photovoltaik beschäftigten, wenn sie ertragsschwache Flächen für den Anbau haben.
Zu Aussichten für neue Antriebe und Elektromobilität in der Landwirtschaft sagte Rukwied: «Ich gehe davon aus, dass auf absehbare Zeit Diesel der Antrieb bleiben wird, auch weil wir ja Maschinen mit größeren Motoren einsetzen.» Natürlich gebe es auch erste Traktoren mit Elektromotoren, beispielsweise Schlepper für den Obst- oder Weinbau, die nicht den ganzen Tag auf großen Flächen laufen. «Das mag auch ein Lösungsansatz für Traktoren sein, die hauptsächlich auf dem Hof fahren. Es gibt mittlerweile auch Methanantriebe, aber das ist alles noch nicht wirklich praxistauglich.»