Den Kursrutsch am Vortag müssen die Dax-Anleger am Donnerstag offenbar erst noch verdauen. Am Nachmittag sank der Leitindex um 0,12 Prozent auf 15.822,97 Punkte. Technisch ist das Bild trüber geworden, auch wenn sich der Dax von seinem Tagestief bei 15.726 Punkten wieder berappeln konnte.
Der sich hinziehende US-Schuldenstreit hat die Märkte weiter im Griff, zehrt an den Nerven der Anleger und bremst die Kurse aus. Nach Prognosen des Finanzministeriums droht der US-Regierung der Zahlungsausfall Anfang Juni, wenn keine Einigung erzielt und die Schuldenobergrenze nicht erhöht wird. Der Streit bedroht auch die Kreditwürdigkeit der USA in immer stärkerem Maß. Die US-Ratingagentur Fitch signalisierte bereits eine mögliche Herabstufung der Bonität der größten Volkswirtschaft der Welt.
Noch am vergangenen Freitag hatte der Dax mit 16.331 Punkten ein Rekordhoch erreicht. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen legte zuletzt um 0,19 Prozent auf 26.828,49 Punkte zu. Der EuroStoxx 50 stieg um 0,2 Prozent. Börsen-Fachmann Andreas Lipkow sagte, eine Rezession in Deutschland sei nun ausgemachte Sache und drücke auf die exportlastigen Branchen und die Konsumtitel. An den Aktien von Chemieunternehmen zeigte sich dies am Donnerstag mit kräftigen Kursverlusten.
Fresenius wird für seine Arznei- und Medizintechniktochter Kabi unterdessen optimistischer, wie die auf dem Kapitalmarkttag vorgestellten neuen Prognosen verraten. Anleger honorierten dies anfangs noch mit Käufen, zuletzt war das Kursplus aber wieder aufgezehrt.
Technologiewerte bekamen europaweit Auftrieb von starken Zahlen des US-Chipkonzerns Nvidia. Nvidia profitiert stark vom Boom bei Künstlicher Intelligenz. Der Grafikkarten-Spezialist übertraf mit seiner Umsatzprognose die durchschnittlichen Erwartungen der Analysten um rund 50 Prozent.
Am deutschen Markt gab dies den tags zuvor sehr schwachen Papieren von Infineon allerdings keinen nachhaltigen Auftrieb. Zuletzt verloren sie etwas mehr als ein halbes Prozent. Aixtron im MDax hingegen zogen um 1,4 Prozent an, Siltronic sprangen sogar um gut neun Prozent hoch.
Analyst Stacy Rasgon von Bernstein Research lobte die Nvidia-Zahlen, verwies aber auch auf eine etwas trägere Umsatzentwicklung im Geschäft mit der Autoindustrie im Sog der Schwäche Chinas. Möglicherweise nahm das den Aktien des stark auf die Autobranche ausgerichteten Infineon-Konzerns etwas den Wind aus den Segeln.
Aroundtown rutschten auf ein weiteres Rekordtief und sind ein Pennystock. Die Baader Bank hatte die Titel des Immobilienkonzerns von «Buy» auf «Add» abgestuft und das Kursziel von 2,50 auf 1,15 Euro gestutzt. Nach einer Kreisemeldung, wonach der Konzern seine europäischen Center Parks verkaufen will, verringerte sich das Kursminus am Nachmittag zeitweise, zuletzt standen sie noch etwa dreieinhalb Prozent tiefer.
Für den bereits im frühen Donnerstagshandel sehr schwachen Aktienkurs von Südzucker ging es nach den anschließend veröffentlichten endgültigen Geschäftszahlen und dem Ausblick des Konzerns zuletzt nochmals weiter bergab. Das Minus belief sich auf fast neun Prozent.
Höhere Ergebnisprognosen hauchten den Aktien des IT-Dienstleisters Cancom dagegen Leben ein. Sie gewannen rund zwei Prozent. Die Anpassung der Prognose resultiert daraus, dass die übernommene KBC voraussichtlich ab Anfang Juni ihren Beitrag zur Konzernbilanz leistet.
Der Euro blieb unter Druck. Die Gemeinschaftswährung erreichte im Handelsverlauf bei 1,0714 US-Dollar den tiefsten Stand seit gut zwei Monaten und notierte am Nachmittag bei 1,0719 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf 1,0785 Dollar festgesetzt.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,48 Prozent am Vortag auf 2,51 Prozent. Der Rentenindex Rex sank um 0,02 Prozent auf 125,29 Punkte. Der Bund-Future gewann 0,23 Prozent auf 134,07 Zähler.