In Frankfurt haben die Anleger den fortgesetzten geldpolitischen Straffungskurs der US-Notenbank Fed am Donnerstag relativ gelassen aufgenommen. Der Dax lag gegen Ende der ersten Handelsstunde mit 15.218,94 Punkten knapp über Vortagsniveau. Im Vergleich zur Reaktion an den New Yorker Börsen zeigte er sich mit einem knappen Aufschlag von 0,02 Prozent robust. Die Indikationen für die US-Indizes bewegen sich mittlerweile aber auch im Plus.
Der MDax der mittelgroßen Börsenwerte legte am Donnerstag um 0,16 Prozent auf 26.906,43 Zähler zu, während sich der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 auch knapp über seinem Vortagsniveau bewegte.
Die Fed sei zunächst resolut bei ihrer Inflationsbekämpfung geblieben, hieß es bei der Commerzbank. Wie erwartet wurde der Leitzins trotz der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Außerdem wurde signalisiert, dass für dieses Jahr noch ein weiterer Zinsschritt ansteht. Am Donnerstag könnte ein solcher von der Schweizerischen Nationalbank und der Bank von England kommen.
Analyst Bernd Krampen von der NordLB merkte am Morgen an, die Banken-Turbulenzen ließen ein baldiges Ende der «Zinsanhebungsorgie» erkennen. Offenbar werde darauf gesetzt, dass die durch die Bankenkrise zu erwartenden restriktiveren Kreditkonditionen die Konjunktur und Inflation so weit bremsen, dass ein Abwarten der US-Notenbank wahrscheinlicher wird.
Im Bankensektor selbst blieb die Stimmung jedoch verhalten, zumal sich US-Finanzministerin Janet Yellen am Vortag gegen eine «pauschale» Einlagensicherung zur Stabilisierung des US-Bankensystems ausgesprochen hatte. Für die Titel der Commerzbank und der Deutschen Bank ging es am Morgen um bis zu 0,8 Prozent bergab.
Für die Deutsche Börse, ein Profiteur der jüngsten Börsenschwankungen, reichte es mit einem Plus von 1,5 Prozent für ein Rekordhoch. Rheinmetall setzten außerdem ihre Rally fort. Sie nagten mit einem Anstieg um mehr als zwei Prozent an ihrer Bestmarke. Hier gab es Fortschritte bei einer möglichen Bestellung von mehr als 100 Boxer-Panzern aus australischer Rheinmetallproduktion durch Deutschland.
In Erwartung einer endenden Zinsspirale wurden die Anleger in der Tech-Branche mutiger. Der Sektor war europaweit führend. Im Dax legten die Aktien von Infineon um 1,2 Prozent zu. Nach den ersten Ausschlägen vom Vorabend zeichnet sich für den technologielastigen US-Index Nasdaq 100 am Donnerstag mittlerweile auch eine deutlich höhere Eröffnung ab.
In der zweiten und dritten Börsenreihe ging es besonders stark für Nemetschek nach oben: Die Titel des Bausoftware-Herstellers zogen um 11,4 Prozent an, obwohl dieser wegen der Umstellung auf ein Abo-Modell 2023 mit einem langsameren Wachstum rechnet. Laut dem Stifel-Analysten Chandramouli Sriraman zeigt der Ausblick aber, dass sich das Abomodell in den kommenden Jahren bezahlt machen wird. Dann rechnet Nemetschek nämlich mit einer Wachstumsbeschleunigung. Der Aktie gelang der Sprung auf ein Hoch seit September 2022.
Klar positive Reaktionen gab es noch bei Scout24 mit einem Anstieg um 3,6 Prozent. Hier kam es gut an, dass der Online-Immobilienmarktplatz seinen Aktionären nach einem kräftigen Gewinnzuwachs im vergangenen Jahr mehr Dividende zahlt.
Große Schwäche zeigten dagegen die Aktien von CTS Eventim, Vitesco und LPKF. In diesen Fällen wurden eher enttäuschende Ausblicke auf das laufende Jahr als Belastung angesehen. Bei dem Eventvermarkter CTS wurde dies mit einem Abschlag von 6,8 Prozent quittiert, während es bei dem Autozulieferer Vitesco um 4,6 Prozent bergab ging.
Noch größer war der Druck bei dem Laserspezialisten LPKF mit einem Kurseinbruch um 13 Prozent.