Digitalminister Volker Wissing will große Tech-Konzerne wie Google, Amazon, Apple, Netflix oder Meta nicht an den Ausbaukosten für Telekom-Netze in Europa beteiligen. «Das freie und offene Internet ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt», sagte der FDP-Politiker der «Welt am Sonntag». Man sei daher «gegen Markteingriffe und komplizierte Beteiligungsmodelle».
Netzbetreiber in Europa wie die Deutsche Telekom, Telefónica oder Vodafone fordern seit Jahren, die Internet-Plattformen mit hohem Datendurchsatz zur Kasse zu bitten. Die derzeit laufenden EU-Konsultationen zu dem Thema geben der Telekom-Branche Hoffnung, ans Ziel zu kommen. Die Provider behaupten, die fünf größten Online-Dienste verursachten rund 55 Prozent des Datenverkehrs. Das koste europäische Netzbetreiber etwa 15 Milliarden Dollar jährlich, hieß es im Februar auf der Mobil World Congress in Barcelona.
Laut Wissing kein Regelungsbedarf nötig
Die Kommission muss nach der Marktanhörung entscheiden, ob sie eine Gesetzgebung dazu anstößt, an deren Ende eine EU-Verordnung stehen könnte. Kritiker einer «Fair Share»-Regelung führen an, dass Nutzer bereits für den Datentransport über ihre Gebühren für den Internet-Anschluss bezahlen.
In dem Interview sagte Wissing, die Gefahr sei groß, dem Wirtschaftsstandort zu schaden, kleine Unternehmen zu benachteiligen und am Ende höheren Kosten für die Kunden zu schaffen. «Zudem bedarf jeder Markteingriff einer Rechtfertigung – eine solche sehe ich aktuell nicht.» Daher gebe es auch keinen Regelungsbedarf.
Forderung von Verbraucherverbänden
Anfang Mai hatten bereits Verbraucherverbände die Forderung nach einer Abgabe für große Online-Dienste zurückgewiesen. Ein Mechanismus direkter Zahlungen an die Telekommunikationsprovider hätte «unmittelbare und weitreichende negative Folgen, nicht nur für die europäischen Unternehmen, sondern auch für die Verbraucher», hieß es in einer Erklärung, die unter anderen vom deutschen Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) unterzeichnet wurde.
Zu den Unterzeichnern des Appells gehören unter anderen der deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband, die europäische Verbraucherschutzorganisation BEUC (The European Consumer Organisation), die US-Bürgerrechtsgruppierung EFF (Electronic Frontier Foundation), die Digitale Gesellschaft, der Wikipedia-Verein Wikimedia Europe sowie verschiedene Internet- und Telekommunikationsdienstleister.