Unternehmen in der EU sollen nach dem Willen des Europaparlaments künftig strenger darauf achten, dass ihre Produkte im Einklang mit Menschenrechten hergestellt werden.
366 Abgeordnete befürworteten heute das geplante EU-Lieferkettengesetz, mit dem große Firmen entlang ihrer globalen Lieferketten für den Schutz von Menschenrechten und der Umwelt in die Pflicht genommen werden sollen. Wie das Parlament weiter mitteilte, stimmten 225 Abgeordnete dagegen, 38 enthielten sich.
Der Richtlinienentwurf sieht unter anderem vor, dass Firmen in der EU für Kinder- oder Zwangsarbeit sowie für Umweltverschmutzung ihrer internationalen Lieferanten verantwortlich gemacht werden sollen. Geplant ist auch, dass Unternehmen vor europäischen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie dies nicht tun.
Ende vergangenen Jahres hatten sich die EU-Staaten bereits auf ihren Standpunkt zu dem Vorhaben festgelegt. Parlament und Mitgliedstaaten müssen sich nun noch auf einen gemeinsamen Kompromiss einigen.
Abweichung vom Plan
Die Abgeordneten wollen dem aktuellen Entwurf zufolge unter anderem mehr in der EU ansässige Unternehmen in das Lieferkettengesetz einbinden, als ursprünglich geplant. So sollen die Vorgaben schon für Firmen in der EU mit mehr als 250 Mitarbeitenden und einem weltweiten Umsatz von über 40 Millionen Euro gelten.
Ursprünglich war in dem Anfang 2022 vorgelegten Entwurf der Europäischen Kommission vorgesehen, dass das Lieferkettengesetz zunächst nur Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mit über 150 Millionen Euro Umsatz betreffen sollte.
Tiemo Wölken, rechtspolitischer Sprecher der Europa-SPD, sieht in dem EU-Gesetz die Chance, dafür zu sorgen, dass nicht mit zweierlei Maß gemessen werde, «sondern dass wir dafür sorgen, dass Menschenrechte und Umweltschutz überall auf der Welt gleichermaßen gelten». Der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss forderte am Mittwoch in einer Debatte im Parlament, den bürokratischen Aufwand zu stoppen.
Industrie und Arbeitgeber kritisieren den Entwurf
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) kritisierte, dem Gesetzesentwurf fehle es an Praxistauglichkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit. «Das Lieferkettengesetz bürdet den Unternehmen ein neues und unkalkulierbares Haftungsrisiko auf: Von ihnen wird eine Kontrolle erwartet, die außerhalb ihrer eigenen Einflussmöglichkeiten liegt», sagte DIHK-Präsident Peter Adrian.
Lieferketten bestünden oft aus mehreren hundert, teils mehreren tausend Firmen. In der Regel sei einem Betrieb aber nur der direkte Zulieferer bekannt. Kleine und mittlere Unternehmen würden «komplett überfordert» mit den geplanten Richtlinien.
Der Arbeitgeberverband BDA warnt vor zusätzlicher Regulierung und einer Abwanderung von Unternehmen. «In Krisenzeiten brauchen Unternehmen Flexibilisierung und Spielräume für Innovationen – und weniger Bürokratie aus Brüssel», sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag). «Doch der Vorschlag des EU-Parlaments zum Thema Lieferketten bringt wieder lediglich mehr Regulierung – und keinen zusätzlichen Schutz für Menschenrechte.»