Es sind erstaunliche Unterschiede, die sich beim Thema Abwassergebühren in Deutschland auftun: Während ein vierköpfiger Haushalt in Worms in Rheinland-Pfalz nur rund 245 Euro pro Jahr zahlt, sind es in Mönchengladbach (NRW) mit 985 Euro etwa vier Mal so viel. Das geht aus einer Studie des Beratungsunternehmens IW Consult hervor, das der Eigentümerverband Haus & Grund in Auftrag gegeben hatte.
Aus Sicht von Verbandspräsident Kai Warnecke sind die großen Unterschiede ein Beleg dafür, dass die Gebühren mancherorts zu hoch sind: «Einsparungen sind möglich, die Städte und Gemeinden können handeln.»
Der vierköpfige Musterhaushalt lebt auf einer Wohnfläche von 120 Quadratmetern und auf einem 200 Quadratmeter großen Grundstück, der Wasserverbrauch liegt mit 125 Litern pro Tag im bundesweiten Schnitt.
In Mönchengladbach ist es am teuersten
Analysiert wurde die Entwicklung der Gebühren in den 100 bevölkerungsreichsten deutschen Städten seit 2020, also seit der letzten Erhebung zu dem Thema. Nicht nur in Mönchengladbach, dem Ranking-Schlusslicht, ist es besonders teuer, sondern auch in Potsdam (rund 958 Euro), Halle an der Saale (879 Euro) und Cottbus (878 Euro) werden die Bürger kräftig zur Kasse gebeten. Am oberen, also günstigen Ende der Liste, sind hinter Worms Ludwigsburg (288 Euro), Hanau (307 Euro), Regensburg (329 Euro), Karlsruhe (340 Euro), Frankfurt/Main (346 Euro) und Augsburg (365 Euro).
Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), der für die allermeisten Wasserbetriebe spricht, wies auf die unterschiedlichen Gegebenheiten hin. «Die Höhe der Abwasserentgelte ist von Region zu Region, von Stadt zu Stadt verschieden, und sie muss sogar verschieden sein, weil sie unterschiedliche Leistungen, Standorte, Rahmenbedingungen vor Ort berücksichtigt», sagte ein VKU-Sprecher am Mittwoch. «Pauschalbetrachtungen machen deshalb keinen Sinn: Sie berücksichtigen die individuelle Situation vor Ort nicht.»
Die Gebühren werden tendenziell eher steigen
Dass die Lage vor Ort unterschiedlich ist, ist Fakt. Das mit 805 Euro teure Wuppertal zum Beispiel hat auf seinem Stadtgebiet einen Höhenunterschied von 200 Metern – der Betrieb der dortigen Kanalisation ist also aufwendiger als in einer Flachland-Kommune. Dass dort Regenwasser und Schmutzwasser in getrennten Kanälen abgeleitet werden, macht die Sache noch komplizierter. Ein Wuppertaler Stadtsprecher betont, dass die Gebühren keineswegs willkürlich festgelegt, «sondern auf Basis strenger rechtlicher Vorgaben kalkuliert» werden.
Haus und Grund-Präsident Warnecke räumt zwar ein, dass Abwassergebühren nicht in jeder deutschen Stadt gleich hoch sein können. Aber die großen Unterschiede seien «nicht hinnehmbar». «Da müssen die Versorger und die Städte ran, denn jeder Euro Entlastung ist wichtig.»
Auffällig ist auch, dass viele Städte aus Nordrhein-Westfalen hohe Gebühren und viele Städte aus dem Süden Deutschlands niedrige Sätze berechnen. Die Struktur der NRW-Städte sei im Schnitt nicht anders als die Städte im Süden Deutschlands, sagt Studienautor Hanno Kempermann. Allerdings gebe es in vielen Städten in dem bevölkerungsreichsten Bundesland eine Haushaltsnotlage – das sei «ein valider Punkt», um die relativ hohen Werte zu erklären, sagt er.
Es ist keineswegs so, dass es in den vergangenen Jahren überall teurer wurde. Zwar erhöhten seit 2020 zwei Drittel der Städte ihre Abwassergebühren – in Düren (NRW) zum Beispiel verteuerte es sich für den Musterhaushalt um 140 Euro auf 657 Euro pro Jahr, was mit «erheblichen Investitionen» begründet wird. Es ging aber auch in die andere Richtung: Ein Drittel der Städte senkte der Studie zufolge ihre Gebühren – mancherorts nur um einige Euro, andernorts um deutlich mehr. In Gütersloh wurde es 99 Euro billiger (auf 482 Euro), in Krefeld reduzierte sich der Betrag um 66 auf 680 Euro und in Lübeck um 63 auf 743 Euro. In Wuppertal sank die Jahresgebühr um 50 auf 805 Euro, 2024 soll es von dem noch hohen Niveau weiter nach unten gehen. Mit etwas Glück lebt man also in einer Kommune, die ihre Abwasserkosten drücken kann.
In den meisten Städten dürfte es aber tendenziell teurer werden. Grund hierfür ist der Klimawandel. So weist zum Beispiel der Mönchengladbacher Stadtsprecher auf vermehrt auftretende Starkregenereignisse hin. Daher habe man hohe Investitionen in den Hochwasserschutz tätigen müssen und werde dies auch in Zukunft tun. Dies fließe ebenfalls in die Gebührenkalkulation ein.