Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will auch als Lehre aus dem russischen Angriff auf die Ukraine einen neuen China-Kurs einschlagen. Auch Wirtschaftsverbände machten deutlich, einstige Abhängigkeiten zum Beispiel bei wichtigen Rohstoffen müssten vermieden, Lieferwege breiter aufgestellt und neue Märkte erschlossen werden. Die Bundesregierung will mit dem Instrument von Investitionsgarantien milliardenschwere deutsche Auslandsinvestitionen verstärkt in Märkte abseits von China lenken.
Kurz vor einer Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft in Singapur mit Habeck und Kanzler Olaf Scholz verständigte sich die Bundesregierung auf Habecks Vorschlag auf einen Grundsatzbeschluss, um Investitionsgarantien zu überarbeiten. Das verlautete aus dem Wirtschaftsministerium.
Habeck selbst sprach sich kurz vor dem Abflug für eine breitere Aufstellung der deutschen Wirtschaft aus. Mit den Investitionsgarantien solle ein Anreiz an Firmen geschaffen werden, zu diversifizieren und «nicht nur» nach China zu gehen, sondern auch in andere Länder, zum Beispiel in Asien.
Mit den Garantien des Bundes können deutsche Unternehmen Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern gegen politische Risiken absichern, etwa gegen Enteignungen oder Kapital- und Transferbeschränkungen.
Investitionsgarantien von 2,6 Milliarden Euro
Bei der Überarbeitung der Investitionsgarantien ist das Ziel der Bundesregierung, Unternehmen stärker dabei zu helfen, Projekte auch in solchen Staaten umzusetzen, die bisher nicht im Fokus der Wirtschaft standen – die aber großes Potenzial bieten. Geplant sind dafür günstigere Konditionen, um Anreize für Investitionen in diesen Staaten zu bieten. Zugleich sollen sogenannte Deckungskonditionen in jenen Staaten verschärft werden, in denen es zu einer «übermäßigen Ballung» abgesicherter Projekte gekommen sei, hieß es mit Blick auf China.
Im vergangenen Jahr vergab die Bundesrepublik Investitionsgarantien von 2,6 Milliarden Euro, etwa das Dreifache des Vorjahresvolumens. Erneut belegte China den ersten Rang. Insgesamt hat sich die deutsche Wirtschaft derzeit Investitionen von rund 29 Milliarden Euro über den Staat absichern lassen.
Zuvor war schon bekanntgeworden, dass Habeck Übernahmen deutscher Firmen in Schlüsseltechnologien etwa durch chinesische Investoren erschweren will. Die Bundesregierung erarbeitet derzeit eine neue China-Strategie.
Abhängigkeiten von fossilen Energien aus Russland haben eine Debatte darüber ausgelöst, wie etwa bei Rohstoffen Abhängigkeiten von China verringert werden können. China steht zudem wegen Menschenrechtsverletzungen, des Säbelrasselns gegenüber Taiwan und des forscheren außenpolitischen Auftretens in der Kritik.
Bei der Wirtschaftskonferenz am Sonntag und Montag in Singapur geht es daher um verstärkte Handelsbeziehungen zu anderen Ländern im asiatisch-pazifischen Raum, wie Wirtschaftsverbände deutlich machten. Die Bundesregierung und die EU sollten sich für den raschen Abschluss von Handelsabkommen mit Ländern wie Indonesien, Indien und Thailand einsetzen. Der Präsident des Außenhandelsverbands BGA, Dirk Jandura, sagte: «Asien ist mehr als nur China.»
Russwurm: «Einseitige Abhängigkeiten vermeiden»
Siemens-Chef Roland Busch, Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, sagte, ein zentrales Thema werde die Diversifizierung sein – mit dem Ziel, Abhängigkeiten zu verringern und einseitige Risiken zu vermeiden. Asien-Pazifik sei die wichtigste außereuropäische Region für deutschen Handel und Investitionen.
Industriepräsident Siegfried Russwurm sagte: «Die Lehre aus dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist, einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden.» Eine diversifizierte Wirtschaft senke das Risiko insbesondere in Krisensituationen.
China dürfte aber weiter eine wichtige Rolle spielen. In einem Gastbeitrag für die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» mehrerer Konzernchefs wie Busch, Martin Brudermüller (BASF) oder Klaus Rosenfeld (Schaeffler) heißt es: «Trotz aller Herausforderungen Chinas und mit China sind wir davon überzeugt, dass dessen grundsätzliche Wachstumsdynamik bestehen bleibt. Ein Rückzug aus China würde uns von diesen Chancen abschneiden.» Die Präsenz in China sichere Arbeitsplätze in Deutschland. Die Manager sprachen sich aber unter anderem mit Blick auf Taiwan und die Menschenrechtssituation in der Provinz Xinjiang dafür aus, die Beziehungen neu zu justieren.
Wie der DIHK unter Verweis auf eine Umfrage mitteilte, sehen Firmen zahlreiche Vorteile an ihren Standorten in Asien. So steche in der Region das Lieferantennetzwerk heraus. Das gelte vor allem in China. Die Firmen schätzen dort auch die im Vergleich zu Europa niedrigeren Energiekosten.