Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck sieht beim Umgang mit Treibhausgasen großes Potenzial in der unterirdischen Speicherung von CO2. «Wenn Sie mich fragen: Lieber CO2 in die Erde als in die Atmosphäre», sagte der Grünen-Politiker nach einem Treffen mit norwegischen Politikern in Oslo.
Umweltschützer sehen die Technologie kritisch: Sie fürchten ein Entweichen des Gases aus den Speichern und auch, dass die Speicherung den Anreiz vermindert, Treibhausgase von vornherein zu vermeiden. Auf beides gebe es eine Antwort, sagte Habeck. «Nach allen wissenschaftlichen Analysen ist die Technik sicher.» In Norwegen gebe es damit jahrzehntelange Erfahrungen. «Und das, was befürchtet wurde, dass das CO2 wieder entweicht, möglicherweise Schaden an anderer Stelle anrichtet, ist nicht eingetreten.»
«Wir wissen in Norwegen, wie man das macht»
Der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre sagte, es brauche Wege zum Umgang mit Treibhausgas-Emissionen aus Industrien, bei denen sich der Energieverbrauch trotz neuer Technologien nur schwer senken lasse – in Müllverbrennungsanlagen oder Zementwerken etwa. Die moderne Wirtschaft werde also einen Weg finden müssen, das Kohlendioxid aus den Emissionen herauszulösen und sicher zu lagern. «Wir wissen in Norwegen, wie man das macht. Seit den 1990ern in der Nordsee und seit 2008 in der Barentssee haben wir CO2 abgeschieden und es zweieinhalbtausend Meter unter den Meeresboden gedrückt – und wir können dokumentieren, dass es sicher gelagert wird.»
Das sei auch im Sinne des Klimaschutzes, sagte Støre. Man befinde sich in einem «Rennen», die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015 einzuhalten, nach dem die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzt werden soll.
Habeck: Uns zerrinnt die Zeit unter den Händen
Auch Habeck berief sich auf den Klimaschutz. «Jeder weiß, dass uns die Zeit unter den Händen zerrinnt, dass wir zu langsam waren, zu schlecht waren in der Vergangenheit.» In manchen Bereichen gebe es eben noch keine Wege, die Industrie von fossilen Brennstoffen zu lösen, womit Kohlendioxid von vornherein vermieden werden könnte.
In Norwegen soll CO2 ab 2024 in großen Mengen unter dem Meeresboden verschwinden. Unter anderem in dem Zementwerk Brevik rund 150 Kilometer südlich von Oslo soll CO2 abgespalten, verflüssigt und anschließend vor der Küste Norwegens in 2600 Metern Tiefe gespeichert werden – Habeck will das Werk am Freitag besuchen. Die Entscheidung, das Auffangen und Lagern von CO2 in dem milliardenschweren Projekt Longship staatlich zu fördern, war in Norwegen im Dezember 2020 gefallen. An dem Projekt sind neben dem norwegischen Staat große Ölkonzerne wie Shell und Total Energies beteiligt.
Habeck ist noch bis Freitag in Norwegen, um Regierungs- und Wirtschaftsvertreter zu treffen. Neben künftigen Importen des klimafreundlichen Energieträgers Wasserstoff geht es dabei auch um das Thema CO2-Speicherung.