Wohl selten in letzter Zeit war und ist ein politisches Vorhaben so umstritten wie das Heizungsgesetz. In der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP sorgten die Pläne für monatelangen Streit. Vor allem die FDP verlangte Nachbesserungen. Die Ampel einigte sich auf grundlegende Änderungen.
Am Freitag kam der nächste Schritt: Ein mehr als 100-seitiges Papier mit Änderungsanträgen zum ursprünglichen Gesetzentwurf ging an den Bundestag. Am Montag ist eine erneute Expertenanhörung geplant. Die Opposition kritisiert den engen Zeitplan. Das Gesetz soll in der kommenden Woche und damit noch vor der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden. Was nun auf Hausbesitzer und Mieter zukommt.
Was steht in dem Gesetz?
Im Kern sieht das Gebäudeenergiegesetz (GEG) – das sogenannte Heizungsgesetz – vor, dass künftig nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die auf die Dauer zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können. Mit einer wichtigen Einschränkung: Die Regelungen des GEG gelten von 2024 an unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete. In solchen wird bereits ein hoher Anteil etwa klimafreundlicherer Wärmepumpen verbaut.
Für Bestandsbauten soll der Dreh- und Angelpunkt eine verpflichtende und flächendeckende kommunale Wärmeplanung sein. Diese soll in Kommunen über 100 000 Einwohnern ab 2026 und für die restlichen Kommunen mit mehr als 10 000 Einwohnern ab 2028 vorliegen. Das Gesetz zur Wärmeplanung soll ebenfalls Anfang 2024 in Kraft treten, aber erst nach der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden.
In manchen Kommunen gibt es eine solche Wärmeplanung schon jetzt. Es geht also um die Frage: Wo macht ein Nah- und Fernwärmenetz Sinn, wo eher elektrische Lösungen wie eine Wärmepumpe, wo eine Umstellung auf ein Gas- oder Wasserstoffnetz? Länder und Kommunen sollen konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimafreundlich umbauen wollen – damit Hausbesitzer auf dieser Grundlage entscheiden können, was sie machen.
Der Staat werde in Vorleistung gehen, so FDP-Fraktionschef Christian Dürr. «Erst wenn klar ist, welche Heizoptionen eine Kommune hat, greifen die Vorgaben – und auch dann wird es möglich sein, eine umrüstbare Gas- oder Ölheizung einzubauen.» Die Heizung müsse zum Haus passen.
Warum kommt das Gesetz?
Der Gebäudebereich ist eines der «Sorgenkinder» beim Klimaschutz. Bis 2045 aber soll Deutschland klimaneutral werden, also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als auch wieder gebunden werden können. Deswegen sollen nun auch bei Gebäuden die Anstrengungen intensiviert werden. Der Umstieg weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energien beim Heizen sei notwendig, weil in Deutschland noch sehr viel mit Öl und Gas geheizt wird, begründete das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium vor Monaten die GEG-Novelle: «Wenn wir also bis 2045 klimaneutral werden wollen, dann ist ein schnelles Umsteuern im Gebäudebereich erforderlich.»
Die Grünen-Fraktionsvizes Julia Verlinden und Andreas Audretsch nannten das Gesetz am Freitag einen «Meilenstein» für den Klimaschutz. Es komme für alle Heizungsbesitzer planbar und verlässlich. Umweltverbände aber kritisieren, die Wärmewende bei Bestandsgebäuden werde verschoben.
Wie lange darf ich meine alte Gas- oder Ölheizung noch nutzen?
Niemand soll seine funktionierende Gasheizung ausbauen müssen, man kann sie auch reparieren lassen. Es gebe keine Verbote und keine Eingriffe ins Eigentum, so FDP-Fraktionschef Dürr. Bereits bisher gibt es eine Vorgabe im GEG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen und mit Ausnahmen Öl- und Gas-Heizungen ausgetauscht werden müssen, die älter als 30 Jahre sind. Das soll sich nicht ändern.
Was passiert, wenn eine Gas- oder Ölheizung kaputt ist?
Wenn eine Erdgas- oder Ölheizung irreparabel kaputt ist, soll es eine Übergangsfrist geben – das gilt laut Änderungsanträgen auch bei geplanten Heizungstauschen. Während der Übergangsfrist von fünf Jahren können Heizungsanlagen eingebaut, aufgestellt und betrieben werden, die nicht die Anforderungen von 65 Prozent erneuerbare Energien erfüllen. Nach Ablauf der Frist sollen dann vor Ort kommunale Wärmeplanungen vorliegen, auf Basis derer sich die Bürger für eine passende klimafreundliche Heizung entscheiden sollen.
Darf ich auch künftig noch eine Gas- oder Ölheizung einbauen?
Grundsätzlich ja – aber es gibt zusätzliche Anforderungen. Wer nach dem 1. Januar 2024 eine solche Heizung einbauen möchte, soll vorher eine verpflichtende Beratung bekommen. Ziel ist es, wegen der steigenden CO2-Bepreisung, die fossile Brennstoffe immer teurer macht, auf eine mögliche «Kostenfalle» hinzuweisen.
Gasheizungen, die auf Wasserstoff umrüstbar sein sollen, können bis zur Vorlage einer Wärmeplanung eingebaut werden. Wenn die kommunale Wärmeplanung dann aber kein Wasserstoffnetz vorsieht, gelten schrittweise Anforderung zur Beimischung klimaneutraler Gase wie Biomethan. Ab dem Jahr 2029 muss ein Anteil von 15 Prozent, ab 2035 ein Anteil von 30 Prozent und ab 2040 ein Anteil von 60 Prozent klimaneutrale Gase genutzt werden. Dies soll bilanziell über den Kauf entsprechender Herkunftsnachweise oder Zertifikate des Versorgers nachgewiesen werden können oder mit der Umrüstung der Heizung erreicht werden. Der Einbau einer auf Biomasse (Holz, Pellets) basierenden Heizung soll uneingeschränkt im Alt- und Neubau möglich sein.
Wie sieht die staatliche Förderung aus?
Der Staat will die Wärmewende mit Milliarden fördern. Das Geld soll nicht aus dem normalen Bundeshaushalt kommen, sondern aus einem Sondertopf – dem Klima- und Transformationsfonds.
Geplant ist, dass unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 70 Prozent der Investition beim Kauf einer klimafreundlicheren Heizung übernommen werden. Für alle Haushalte soll es einkommensunabhängig einen einheitlichen Fördersatz von 30 Prozent geben. Für Haushalte mit einem zu versteuernden Einkommen unter 40 000 Euro soll es eine Förderung von zusätzlich 30 Prozent geben. Zudem ist ein «Geschwindigkeitsbonus» von 20 Prozent geplant – und zwar bis zum Jahr 2028. Ab 2028 soll dieser Bonus um 3 Prozentpunkte alle zwei Jahre sinken. Insgesamt aber ist die Förderung bei maximal 70 Prozent gedeckelt.
Unklar ist noch, welche Heizungen genau gefördert werden, ob also auch moderne Gas- und Ölheizungen. Offen ist auch, wo genau man die Förderung beantragen kann.
Was ist für Mieter wichtig?
Vermieter sollen Anreize bekommen, um in eine klimafreundliche Heizung zu investieren. Mieter sollen vor stark steigenden Mieten geschützt werden. Das sind die Ziele der Koalition. Dazu will die Ampel eine weitere Modernisierungsumlage einführen, über die Vermieter zum Beispiel bei Sanierungen Investitionskosten an Mieter weitergeben können. Im Falle eines Heizungstauschs kann die Modernisierungsumlage von acht auf zehn Prozent im Jahr erhöht werden – aber nur, wenn der Vermieter eine staatliche Förderung in Anspruch nimmt und die Fördersumme von den umlegbaren Kosten abgezogen wird.
Und: Die maximale Mieterhöhung pro Quadratmeter und Monat soll immer bei 50 Cent gekappt werden, das soll gelten für die Dauer von sechs Jahren – und unabhängig davon, ob Vermieter die Kosten über die bisherige oder die neue Modernisierungsumlage auf Mieter umlegen.
Außerdem sollten Härtefalleinwände beim Heizungstausch zukünftig immer möglich sein. Für Mieter, deren Miete durch die Modernisierung auf mehr als 30 Prozent ihres Haushaltseinkommens ansteigt, soll nur eine beschränkte Umlagefähigkeit gelten. Zudem sollen Mieterhöhungen wegen Heizungsaustauschs bei Indexmieten ausgeschlossen sein.
Was gilt für über 80-Jährige?
Die Ampel-Fraktionen strichen eine ursprünglich geplante Sonderregel für über 80-Jährige. Im ursprünglichen Gesetzentwurf war geplant: Für selbstnutzende Eigentümer von Gebäuden mit bis zu sechs Wohnungen, die älter als 80 Jahre sind, sollte im Havariefall einer Heizung – also wenn eine kaputte Heizung nicht mehr repariert werden kann – die Pflicht entfallen, eine Heizung mit 65 Prozent Ökostrom einzubauen.
In den Änderungsanträgen heißt es, dieser Passus entfalle. FDP-Fraktionsvizechefin Carina Konrad sagte: «Die angedachte Altersgrenze von 80 Jahren wäre verfassungsrechtlich nicht tragbar. Wir sorgen mit einer zielgenauen Förderung und einer speziellen Sozialkomponente dafür, dass soziale Härten abgefedert werden. Zudem wird es über ein KfW-Programm die Möglichkeit geben, zinsverbilligte Darlehen in Anspruch zu nehmen.»
Grünen-Fraktionsvize Audretsch sagte, zudem gelte weiter eine allgemeine Härtefallklausel. «Wer die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes nicht erfüllen kann – gleich aus persönlichen Umständen oder gebäudetechnischen Besonderheiten – kann sich per Antrag von den Pflichten befreien lassen. Das gilt unabhängig vom Alter.»