• Fr. Nov 22nd, 2024

Laute Rufe nach mehr Lohn für Frauen

Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi (M) gibt am Vortag des Internationalen Frauentages ein Statement zum Equal Pay Day vor dem Brandenburger Tor ab. Neben ihr: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Wolfgang Kumm/dpa)

Noch immer werden Frauen in Deutschland im Schnitt schlechter bezahlt als Männer – selbst für gleiche Arbeit. Zum «Equal Pay Day», der auf die Lohnlücke zwischen Mann und Frau hinweist, forderten die Gewerkschaften vehement, die Kluft bei der Bezahlung mit mehr Tempo als bisher zu schließen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sucht den Schulterschluss mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund – und kündigt gesetzliche Regelungen an.

Frauen verdienten hierzulande nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2022 im Schnitt 18 Prozent weniger pro Stunde als Männer – auch weil Frauen oft in schlechter bezahlten Berufen und in Teilzeit arbeiten.

Bei vergleichbarer Tätigkeit, Qualifikation und Erwerbsbiografie verdienten Arbeitnehmerinnen im Mittel pro Stunde 7 Prozent weniger als Männer. DGB-Chefin Yasmin Fahimi pocht auf Veränderung. «Wir brauchen jetzt Entscheidungen der Politik», sagt sie bei einer DGB-Aktion am Brandenburger Tor in Berlin. Neben ihr reiht sich der Arbeitsminister ein. Heil sagt: «Es ist beschämend, dass wir immer noch hier stehen müssen.»

Schlecht bezahlte «Frauenberufe»

Fahimi wies auf das langsame Schrumpfen der Entgeltlücke zwischen Mann und Frau hin – seit dem Start der offiziellen Aufzeichnung im Jahr 2006 laut Statistischem Bundesamt sank sie nur um fünf Prozentpunkte. «Wenn das so weiter geht, dann brauchen wir noch 61 Jahre, bis wir endlich zur Entgeltgleichheit gefunden haben», sagt die DGB-Chefin. Das sei nicht akzeptabel.

Heil sagt, etwa bei Erziehung und Pflege, bei Floristinnen, im Friseurbereich oder der Gastronomie seien besonders oft Frauen zu niedrigen Löhnen beschäftigt. Dies müsse anders werden. «Es ist nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit», so der Minister. In Zeiten von Fachkräftesicherung gebiete dies auch die ökonomische Vernunft.

Ausgerechnet in Alten- und Krankenpflege, in Kitas und Sozialarbeit klaffen laut einer neuen Erhebung des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) die größten Fachkräftelücken – Berufe, in denen vor allem Frauen arbeiten. Fahimi sagt, schlechte Arbeitsbedingungen sorgten dafür, dass Frauen ihre Arbeitszeit oft noch reduzieren.

Zwei Gesetze sollen helfen

Konkret fordert Fahimi, das «verunglückte Entgelttransparenzgesetz» zu verbessern. Mit dem Gesetz können Beschäftigte Auskunft über den Verdienst von Kolleginnen und Kollegen mit vergleichbaren Aufgaben fordern. Jedoch gilt der Anspruch nur in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten. Zudem fordert Fahimi ein Verbandsklagerecht, mit dem Gewerkschaften Arbeitnehmerinnen unterstützen könnten, die ihre Rechte aus dem Gesetz einklagen wollen.

Heil bekräftigt, seine Regierung werde das Entgelttransparenzgesetz unter Federführung von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) verbessern. Betroffene sollten sich dann vor Gericht von Dritten vertreten lassen können.

Doch die Position von Frauen im Job muss nach Heils Vorstellungen auf verschiedene Weise gestärkt werden. So müsse die Kinderbetreuung weiter ausgebaut werden. Und: «Es sind vor allem die Branchen, in denen Frauen arbeiten, in denen die Tarifbindung zu dünn ist», sagt er. «Deshalb werde ich noch in diesem Jahr ein Gesetz zur Stärkung der Tarifbindung vorlegen», bekräftigte Heil. Auch auf Bundesebene sollten öffentliche Aufträge nur noch an tarifgebundene Unternehmen gehen.

Unterschiede auch im Rentenalter groß

Im Rentenalter verschärfen sich die Einkommensdifferenzen zwischen Mann und Frau noch. Mit Jahreseinkünften von 17.814 Euro brutto lagen Frauen im Alter ab 65 Jahren 2021 deutlich hinter den gleichaltrigen Männern, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Diese kamen auf 25.407 Euro. Das Einkommensgefälle betrug damit 29,9 Prozent. Wegen der geringeren Einkünfte sind Frauen im Alter eher armutsgefährdet und häufiger durch Wohnkosten überlastet als Männer.

In der Bevölkerung wird das Thema Benachteiligung von Frauen unterschiedlich bewertet. Die Hälfte der Deutschen hält sie einer Umfrage zufolge für ein großes Problem. Fast genauso viele sehen das nicht so. Wie eine repräsentative Befragung für die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung ergab, zeigen sich je nach Alter der Teilnehmerinnen und Teilnehmer deutliche Unterschiede.

Für politische Maßnahmen zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit gibt es demnach eine knappe Mehrheit. So würden es 51 Prozent befürworten, wenn in großen Unternehmen Aufsichtsratsposten zur Hälfte mit Männern und Frauen besetzt werden müssten. Ein Viertel sei dagegen, etwa genauso viele unentschieden.

Von Jan Christoph Freybott, Basil Wegener und Friederike Marx, dpa