Nach teils heftigen Auseinandersetzungen am Tesla-Werksgelände in Grünheide bei Berlin stellt sich die Polizei für Samstag auf weitere Proteste ein. Man werde die Aktionen vom Freitag in der Einsatzplanung berücksichtigen, sagte ein Sprecher der Polizei. Die Aktivisten hielten sich mit Blick auf geplante Aktionen am Wochenende bedeckt. Zunächst ist gegen Samstagmittag ein Protestzug vom Bahnhof Fangschleuse bis zum Tesla-Werk geplant. Mit weiteren Aktionen der Demonstranten rund um das Tesla-Werk ist zu rechnen.
Am Freitag war es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Protestteilnehmern und den Beamtinnen und Beamten gekommen. Die Polizisten setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Mehrere Teilnehmer der Proteste sowie 21 Einsatzkräfte wurden laut Polizei verletzt. Bis 19 Uhr seien 16 Personen in Gewahrsam genommen worden, hieß es.
Eine Sprecherin sowie ein Sprecher verschiedener beteiligter Protestgruppen kritisierten ein «unverhältnismäßig rabiates» Vorgehen der Polizei. Diese war mit einem Großaufgebot im Einsatz, darunter Hundertschaften aus mehreren Bundesländern. Auch Wasserwerfer und ein Räumpanzer standen bereit, kamen zunächst aber nicht zum Einsatz.
Versuche, aufs Werksgelände zu gelangen
Während eines Demonstrationszugs versuchten mehrere Aktivisten am Freitag, auf das Tesla-Werksgelände vorzudringen. Sie überwanden einen Wildzaun im Wald am Rande der Teslafabrik von US-Unternehmer Elon Musk. Die Polizei verhinderte nach eigenen Angaben, dass sie auch auf das Werksgelände gelangten. Auf einem Flugplatz in Neuhardenberg schafften es Demonstranten auf das Gelände, zündeten Pyrotechnik und beschädigten Tesla-Fahrzeuge mit Farbe. Die Polizei hatte einem Sprecher zufolge versucht, auch dieses Areal zu schützen. Die schiere Größe des Flugplatzes habe das aber erschwert.
Ausgangspunkt der Proteste war das in der Nähe des Autowerks in Grünheide errichtete Protestcamp. Dort harren Aktivisten und Aktivistinnen seit Ende Februar auch in Baumhäusern aus, um gegen die geplante Erweiterung des Tesla-Geländes und die Rodung von Wald zu protestieren. Die Polizei will erreichen, dass die Baumhäuser abgebaut werden. Dazu läuft ein Rechtsstreit. Seit Mittwoch haben die Tesla-Gegner zu Aktionstagen gegen den Autobauer aufgerufen.
«Der Kampf gegen diese Autofabrik ist ein Kampf gegen jede Autofabrik», teilte die beteiligte Gruppe Disrupt am Freitag mit. «Damit die Erde langfristig unser Zuhause bleibt, sollten wir mutig genug sein, dieses Werk kreativ neu zu gestalten. Ob wir hier Busse, Krankenwägen oder Lastenräder bauen, müssen wir gemeinsam entscheiden.»
Sitzblockaden und Störaktionen
Die Polizei hatte versucht, das Gelände des einzigen Tesla-Werks in Europa weiträumig abzuschirmen, mehrere Autobahnausfahrten wurden gesperrt. Auch die Bahnstrecke zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) war am Bahnhof Fangschleuse zwischenzeitlich gesperrt. Am Rande der Demonstrationszüge zum Gelände gab es auch eine Sitzblockade auf der Landstraße 23 in der Nähe des Werks. In Berlin hielten Aktivistinnen und Aktivisten vor dem Einkaufszentrum Mall of Berlin, in dem sich ein Tesla-Ausstellungsgeschäft befindet, ein Banner mit der Aufschrift «Saubere Autos sind eine dreckige Lüge».
«Gegen friedlichen Protest ist nichts einzuwenden und die Bürgerinnen und Bürger müssen ihrer Meinung Ausdruck verleihen können», sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) zu den Vorgängen in Grünheide am Freitag. «Das ist zentraler Bestandteil unserer Demokratie», teilte er auf Anfrage mit. Wenn die Versammlungsfreiheit von radikalen Gruppen missbraucht werde und die Proteste eskalierten, schade das hingegen der Demokratie und beschädige nicht zuletzt das Ansehen der Menschen, die friedlich und gewaltfrei demonstrierten.
Tesla äußerte sich zunächst nicht zum Verlauf der Proteste. Produziert wurde in dem Werk am Freitag nicht. Das habe allerdings mit dem Brückentag nach Himmelfahrt zu tun und nicht mit den Demonstrationen, betonte eine Unternehmenssprecherin.
Der US-Autohersteller hatte im März nach einem Brandanschlag auf einen Strommast die Produktion in seiner Fabrik für einige Tage stoppen müssen. Zu der Tat bekannte sich eine linksextremistische Gruppe. Zudem waren an verschiedenen Orten immer wieder geparkte Teslas in Flammen aufgegangen.