Im Fußball würde es dafür Rote Karten hageln, aber die Fälschung von Sportartikeln und illegales Streaming halten manche Konsumenten offenbar für ein Kavaliersdelikt. Dabei fügt solches Verhalten Rechteinhabern und Herstellern in der EU jährlich Schäden in Millionenhöhe zu, wie aus einer am Mittwoch vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) veröffentlichten Studie hervorgeht.
Geschädigt wird auch der Sport, der auf die Gelder angewiesen ist. Im Vorfeld großer Sportereignisse wie der Fußball-EM in Deutschland, den Olympischen Sommerspielen in Frankreich oder der Tour de France startet die EU-Agentur mit Sitz im spanischen Alicante deshalb eine Kampagne «Play Fair» – ein Appell an Fans, nur offizielle Übertragungen anzuschauen und sich an autorisierte Merchandise-Artikel zu halten. «Wir alle fiebern einem Sommer voll spannender Wettbewerbe entgegen, und da ist Fair Play unverzichtbar – sowohl für die Spieler auf dem Platz als auch für die Zuschauer daheim», sagte EUIPO-Exekutivdirektor João Negrão.
Gerade Jugendliche streamen illegal
Die Studie zu Einstellungen und Verhalten der Verbraucher in der EU in Bezug auf geistiges Eigentum zeichnet das Bild einer Branche, die unter Trickserei und Betrug leidet. So haben zwölf Prozent der Menschen in der EU schon einmal Sport-Inhalte aus illegalen Quellen angesehen oder gestreamt, in Deutschland waren es neun Prozent.
In der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen gaben sogar 27 Prozent zu, Sportübertragungen auf illegalen Online-Kanälen angeschaut zu haben (Deutschland: 21 Prozent). Bulgarischen Jugendliche schossen hier mit 47 Prozent den Vogel ab. Wer sicher gehen will, nicht bei einem illegalen Streaminganbieter gelandet zu sein, kann dies mit dem Tool Agorateka der EUIPO prüfen. Es hilft Verbrauchern, für ihr Land legale Inhalte zu finden.
Bei Sport-Großereignissen geht es um viel Geld und um Millionen Zuschauer und Verbraucher. Da wittern nach Einschätzung des EU-Amts auch Betrüger große Chancen. Illegales Online-Streaming betreffe alle Arten von Inhalten – eben auch Sportveranstaltungen. Nach Schätzungen des EUIPO wird mit Medienpiraterie jährlich ein illegaler Gesamtumsatz von einer Milliarde Euro erzielt.
Gefälschte Waren im Wert von 120 Millionen Euro beschlagnahmt
Durch gefälschte Sportartikel erleiden europäische Hersteller zudem jährlich einen geschätzten Schaden von 850 Millionen Euro – elf Prozent des Branchenumsatzes. Nicht in dieser Zahl enthalten ist Sportbekleidung wie Fußballtrikots und Sportschuhe, die einen großen Teil der gefälschten Bekleidung ausmacht, deren Gesamtwert in Europa auf zwölf Milliarden Euro jährlich geschätzt wird.
Vor allem bei jungen Europäern haben die Fälscher der Studie zufolge leichtes Spiel. Zehn Prozent aller Konsumenten zwischen 15 und 24 Jahren haben schon gefälschte Sportartikel wissentlich online gekauft – in Deutschland waren es sogar elf Prozent. Polizeibehörden haben zudem europaweit gefälschte Sportwaren mit einem geschätzten Einzelhandelswert von 120 Millionen Euro beschlagnahmt.
Negrão verwies auch auf die negativen Folgen der Verletzungen geistigen Eigentums auf den Sport. Das Anschauen offizieller Übertragungen und der Kauf lizenzierter Produkte sichere den Fortbestand vieler Sportarten. Schließlich würden die legal erzielten Einnahmen nach dem Solidarprinzip an die Sportverbände und Sportler weitergeleitet, betonte der EUIPO-Chef.
EUIPO: Gefälschte Sportartikel können gefährlich und giftig sein
«Wenn die Fans Live-Sportübertragungen illegal streamen, ist das gesamte Finanzierungsmodell der Olympischen Bewegung, das auf Solidarität beruht, gefährdet», warnte auch Emma Terho, Vorsitzende der Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees vergangenes Jahr bei einer EUIPO-Konferenz. Die Medienrechte würden ihren Wert verlieren, niemand würde mehr Medienrechte erwerben.
Produktfälschung hat auch schwere wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen, wie die EUIPO betonte. Neben Umsatzverlusten und Arbeitsplatzvernichtung führen minderwertige Kopien auch zur Beeinträchtigung des Markenwerts. Gefälschte Waren, die nicht den europäischen Normen für Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz genügen, bergen zudem ernsthafte Gesundheitsrisiken. Einer Studie zufolge können gefälschte Sportartikel nicht nur unter Umständen im entscheidenden Moment versagen, sondern auch giftige Inhaltsstoffe enthalten.