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Seeschiffe und mehr als 350 Seeleute stecken in Ukraine fest

Feb 15, 2023 ,
Gaby Bornheim, Präsidentin des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), macht sich Sorgen um Seeleute und Schiffe in der Ukraine. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Georg Wendt/dpa)

Knapp ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs stecken nach Angaben des Verbands Deutscher Reeder (VDR) in der Ukraine immer noch 62 internationale Seeschiffe fest. Darunter sei auch ein deutsches Schiff, sagte VDR-Präsidentin Gaby Bornheim am Mittwoch in Hamburg. Insgesamt seien 364 Seeleute betroffen. «Wir sorgen uns sehr um die Seeleute, die auch nach einem Jahr Krieg in der Ukraine immer noch nicht nach Hause zurückkehren können.»

Bornheim appellierte an alle Beteiligten, den Seeleuten eine Rückkehr in ihre Heimatländer zu ermöglichen. Russische Truppen haben die Ukraine am 24. Februar 2022 angegriffen und führen seither Krieg gegen das Land.

«Wir verurteilen den russischen Angriff auf die Integrität und Souveränität der Ukraine absolut und (…) unterstützen die Sanktionen der Bundesregierung, der EU, der Vereinigten Staaten, der Vereinten Nationen», betonte Bornheim. Der Krieg in der Ukraine strahle auch auf das Leben an Bord der deutschen Seeschiffe aus. So gebe es dort nach wie vor etwa 3000 Russen und 2000 Ukrainer. Die Mannschaften hielten zwar erstaunlich gut zusammen, es sei aber auch schwierig.

Erhebliche Veränderungen bei den Waren- und Verkehrsströmen

So könne sich kaum jemand vorstellen, was es bedeute, wenn etwa ein russischer Chefingenieur seinem zweiten Ingenieur aus der Ukraine die traurige Mitteilung machen müsse, dass dessen Tochter bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen sei, sagte Bornheim. «Das sind tatsächlich Situationen, die sich an Bord abspielen.» Einige Reedereien seien deshalb bereits dazu übergegangen, Russen und Ukrainer an Bord doch zu trennen.

Der Krieg in der Ukraine habe auch zu erheblichen Veränderungen bei den Waren- und Verkehrsströmen geführt, sagte VDR-Hauptgeschäftsführer Martin Kröger. So transportierten inzwischen 40 Prozent der Welthandelsflotte Energie in flüssiger oder Gasform – Tendenz steigend. «Natürlich guckt die Schifffahrt mit Sorge auf die nächsten Krisenherde dieser Welt», sagte Kröger. Insbesondere der chinesisch-taiwanesische Konflikt spiele eine große Rolle. So sei die Straße von Taiwan vor allem für die Containerschifffahrt eine der wichtigsten Routen der Welt.

Die deutsche Handelsflotte liege mit 1839 Schiffen mit mehr als 100 Bruttoregistertonnen weltweit auf Platz sieben, im Containerbereich auf Platz eins, sagte Kröger. «Wir haben nach Schiffen gezählt die größte Containerschiffflotte der Welt in deutscher Bereederung.» Ihr Anteil am Weltmarkt liege bei 10,7 Prozent. Etwa die Hälfte der deutschen Handelsflotte mit ihren knapp 300 Reedereien fahre unter deutscher, portugiesischer, zypriotischer oder maltesischer Flagge, die andere Hälfte unter der Flagge von Liberia oder Antigua und Barbuda.

Sechs Prozent Frauenanteil an Bord

Die Zahl der in Deutschland sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an Bord der Handelsflotte sei im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr um etwa 200 auf knapp 7100 gestiegen. Ein Großteil von ihnen arbeite als Kapitän oder Offizier, sagte Kröger. Der jüngste Boom in der Seeschifffahrt habe da positive Auswirkungen gehabt. Der Frauenanteil an Bord liege bei sechs Prozent, weltweit liege er bei nur zwei Prozent. An der Gesamtbesatzung der Schiffe stellen die in Deutschland beschäftigten Seeleute nur einen Bruchteil.

Gleichwohl blickt der VDR sorgenvoll auf die Nachwuchsgewinnung. «Wir haben einen hohen Bedarf an Nachwuchskräften und im Wettbewerb um die (…) jungen Talente sind wir natürlich nicht alleine», sagte Bornheim. Mit 377 Berufseinsteigern im vergangenen Jahr liege die Schifffahrt immer noch zehn Prozent unter dem Vor-Corona-Wert von 2019. «Da muss etwas geschehen.» Der VDR habe 2023 deshalb zum Jahr der Ausbildung erklärt. Bornheim betonte: «Wir wollen, dass die jungen Menschen sehen, wie wichtig dieser Bereich der Schifffahrt ist, wie interessant er ist.» Schließlich gebe es enorme Karrierechancen auf See, aber auch danach an Land.