Nach ergebnislosen Gesprächen mit der Deutschen Bahn am Dienstag pocht die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) weiter auf ein nachgebessertes Angebot. Die Tarifkommission bleibe auch am Mittwoch am Verhandlungsort in Fulda und sei jederzeit bereit, einen neuen Vorschlag zu bewerten, sagte ein EVG-Sprecher am Dienstagabend. Die Kommission trete am Vormittag erneut zusammen. Ob es zu weiteren Gesprächen mit den Arbeitgebern kommt, war noch unklar.
EVG: Laufzeit zu lang, Höhe zu niedrig
Ein in Fulda unterbreitetes Angebot der Deutschen Bahn hatte die EVG abgelehnt. Der Konzern hatte in der laufenden Tarifrunde neben einem steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich in Höhe von insgesamt 2850 Euro eine Erhöhung von 10 Prozent für die unteren und mittleren sowie 8 Prozent für die oberen Lohngruppen vorgeschlagen.
Die Laufzeit von 27 Monaten kritisierte die EVG als zu lang, die Höhe als zu niedrig. Die Gewerkschaft fordert mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder 12 Prozent bei den oberen Einkommen. Zudem will sie eine Laufzeit von 12 Monaten durchsetzen.
Ein weiterer Knackpunkt blieb der Mindestlohn. Das Thema sei nicht geklärt, sagte Verhandlungsführer Kristian Loroch. Wenige Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen beim Unternehmen lediglich über Zulagen. Noch vor den inhaltlichen Tarifgesprächen will die EVG den gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro je Stunde in den Tariftabellen festsetzen. Die Bahn wiederum bekräftigte ihren Vorschlag eines Mindestlohns von 13 Euro, der ab August 2024 in die Tabellen auftauchen soll. Das lehnt die Gewerkschaft strikt ab.
Bahn: «Enormes Angebot auf dem Tisch»
«Die EVG beharrt auf Vorbedingungen, obwohl ein enormes Angebot auf dem Tisch liegt», teilte Konzernpersonalvorstand Martin Seiler am Dienstag mit. Die Bahn sei bereit, über weitere Punkte mit Blick auf das Gesamtergebnis zu verhandeln. «Wir bedauern, dass unsere Mitarbeitenden trotz der gestiegenen Preise weiter auf eine Lohnerhöhung warten müssen», hieß es.
Ihre Forderungen erhebt die Gewerkschaft nicht nur bei der Deutschen Bahn. Sie verhandelt darüber nach und nach mit 50 Unternehmen im Eisenbahnsektor. Sollten die Gespräche bei der Bahn in diesen Tagen zu keinem Erfolg führen, wird es deshalb erneut einige Wochen dauern, bis beide Seiten wieder am Verhandlungstisch sitzen. In der Zwischenzeit bleibt viel Zeit für weitere Warnstreiks.
Urabstimmung und unbefristete Streiks möglich
Bereits am vergangenen Freitag hatte die EVG den Fern- und Regionalverkehr für einige Stunden lahmgelegt. Sie hat deutlich gemacht, dass sie für eine weitere Eskalation bereit ist. Im Falle eines Abbruchs der Gespräche sind auch eine Urabstimmung und unbefristete Streiks möglich.
Wie es am Mittwoch konkret weitergeht, war zunächst völlig offen. Beide Tarif-Parteien halten sich nach wie vor in Fulda auf. Während die EVG betont, auf ein verbessertes Angebot der Bahn zu warten, fordert der Konzern die Rückkehr an den Verhandlungstisch, um über den bestehenden Vorschlag zu reden.