Die heftigen Preisschwankungen bei Rohstoffen und die wachsende Konkurrenz in China halten Volkswagen unter Druck. Im laufenden Geschäft ohne diese Belastungen hat der Konzern insgesamt aber zulegen können.
Der Betriebsgewinn wuchs im ersten Quartal um 35 Prozent auf etwa 7,1 Milliarden Euro, wenn man die Bewertung von Absicherungsgeschäften im Materialeinkauf außen vor lässt. Mit deren Berücksichtigung sieht das Bild anders aus: Das operative Ergebnis sank um 31 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro, und unterm Strich blieben nur noch 4,7 Milliarden Euro nach 6,7 Milliarden Euro Anfang 2022.
Wie das Unternehmen berichtete, stabilisierte sich die Lage trotz anhaltender Lieferschwierigkeiten bei Auto-Elektronik wieder etwas. Der Umsatz stieg um knapp 22 Prozent auf 76 Milliarden Euro. Dass auch viele Fahrzeugmodelle im Zuge der allgemeinen Inflation teurer wurden, dürfte dabei ein Faktor gewesen sein – die Wolfsburger sprachen von einer «verbesserten Preispositionierung».
Finanzvorstand Arno Antlitz deutete an, es dürfte schwierig werden, hohe Ausgaben für Zulieferungen auf die fertigen Wagen aufzuschlagen. VW müsse daher Arbeitskosten und Produktivität im Blick behalten.
«Wir bereiten uns auf einen starken Wettbewerb vor»
Insbesondere in Europa und in Nordamerika erholten sich die Verkäufe, während die Volkswagen-Gruppe in China erhebliche Probleme hatte. Antlitz sprach dennoch von einem «vielversprechenden Start in das Geschäftsjahr 2023». Er sagte: «Wir bereiten uns auf einen starken Wettbewerb vor. Aber wir erwarten auch ein starkes zweites Quartal.»
Die Effekte aus dem Abfedern erhöhter Beschaffungskosten für Grundressourcen und Energie («Hedging») waren im ersten Jahresviertel 2022 mit 3,2 Milliarden Euro noch positiv ausgefallen. Nun drehte sich dies in den Büchern ins Gegenteil. Details hierzu wurden nicht ausgewiesen, VW musste außerdem einige Werte nachträglich anpassen.
Wegen der Einschränkungen des Welthandels vor allem in der Hochphase der Corona-Zeit hatte es in den Lieferketten der Autoindustrie gekracht. Die Situation entspannte sich jüngst etwas. VW räumte zwar «anhaltende Beeinträchtigungen» ein – trotzdem konnten die schwachen Auslieferungen vom Start des Vorjahres in der Summe um 7,5 Prozent auf 2.041.000 Autos verbessert werden. Auch die Produktion zog wieder an, nachdem sich in den vergangenen zwei Jahren durch Lieferengpässe bei Mikrochips und Rohstoffen ein Fertigungsstau aufgebaut hatte.
Unter den Erwartungen blieb der Konzern ausgerechnet im mit Abstand wichtigsten Markt China. Dort nahmen die Verkäufe von Januar bis März um 14,5 Prozent ab, bei E-Autos noch mehr. Die Kernmarke VW Pkw büßte erstmals seit Jahrzehnten die Marktführerschaft an den lokalen Elektrorivalen BYD ein. Den Deutschen fehlten zuletzt etwa Software- und Entertainmentfunktionen, die den Geschmack junger Kunden treffen.
Wachstum beim weltweiten Geschäft mit E-Autos
Mit neuen Modellen und Investitionen soll gegengesteuert werden. «Der Gesamtmarkt war abwärts gerichtet, und unser Volumen war abwärts gerichtet», erklärte Antlitz zu den ersten drei Monaten. «Wir rechnen damit, dass sich beides im Jahresverlauf deutlich erholt.» Klar sei, dass Volkswagen in China aufholen müsse – der Finanzchef nannte das autonome Fahren, digitale Unterhaltungssysteme und die «generelle Geschwindigkeit» als zentrale Bereiche. «Wir sind zuversichtlich, dort auch zukünftig eine bedeutende Rolle spielen zu können.»
Das weltweite Geschäft mit E-Autos wuchs, fürs Startquartal meldete der Konzern ein Plus von 42 Prozent auf 141.000 Stück. Der Anteil ist mit gut 7 Prozent aber in der Gesamtbetrachtung noch relativ gering.
Schlagkräftiger werden muss VW nach Expertenmeinungen im Entwickeln selbst programmierter Software. Hier gab es große Verzögerungen – und die Töchter Porsche und Audi gehen entgegen dem ursprünglichen Plan vorerst eigene Wege. Der Start des von der Kernmarke angekündigten Zukunftsautos Trinity samt eigener Elektronik-Plattform verschiebt sich. Weiter unklar ist, ob noch ein neues Werk dafür gebraucht wird.
Die Software-Einheit Cariad weitete ihren Verlust im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum leicht von 416 auf 429 Millionen Euro aus. Der Konzern verwies auf den hohen Investitionsbedarf. Für seine Batteriezellwerke in Europa und Kanada hat VW Milliarden verplant.
Konzern lässt Ausblick für 2023 unverändert
Die «Markengruppe Premium» mit Audi fiel im Betriebsergebnis verglichen mit den ersten drei Monaten 2022 zurück, sie kam nach damals 3,5 Milliarden auf jetzt 1,8 Milliarden Euro. Die Ingolstädter verzeichneten aber einen Verkaufsanstieg. Die «Markengruppe Volumen», die unter anderem die Kernsparte VW Pkw umfasst, verbesserte ihren Betriebsgewinn den aktuellen Zahlen zufolge von rund 880 Millionen auf 1,7 Milliarden Euro. Auch Porsche konnte deutlich mehr verkaufen.
Viele Autobauer hatten knappe Elektronikteile für teurere Modelle reserviert. Die Verfügbarkeit von Mikrochips sei weiter «begrenzt, aber sie wird besser», sagte Antlitz. Er schätzt, dass Angebot und Nachfrage hier im dritten Quartal in etwa ins Gleichgewicht kommen.
Seinen Ausblick für 2023 ließ der Konzern unverändert. Er kalkuliert bisher mit einem Umsatzanstieg um 10 bis 15 Prozent und – dank voller Auftragsbücher – einer Zunahme der Auslieferungen auf 9,5 Millionen Fahrzeuge (Vorjahr: 8,3 Millionen). US-Konkurrent Tesla macht jedoch ebenfalls nicht nur mit seinem neuen Werk vor den Toren Berlins Tempo, sondern setzt Wettbewerber mit Preissenkungen unter Zugzwang.