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Wirtschaft in EU stabiler – Preise bleiben hoch

Mai 15, 2023
Für die Staaten der Eurozone geht die Behörde nun von einem Wachstum von 1,1 Prozent aus - nach 0,9 Prozent in der Winterprognose. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Daniel Bockwoldt/dpa/Daniel Bockwoldt)

Die EU-Kommission hat ihre Wachstumsprognose für die europäische Wirtschaft erhöht. Die Wirtschaft der EU wird in diesem Jahr um 1,0 Prozent wachsen statt wie bisher erwartet um 0,8 Prozent, wie aus der am Montag in Brüssel vorgelegten Frühjahrsprognose der Behörde hervorgeht. Für die Staaten der Eurozone geht sie nun von einem Wachstum von 1,1 Prozent aus – nach 0,9 Prozent in der im Februar veröffentlichten Winterprognose. Für Deutschland wird für das laufende Jahr ein Wachstum von 0,2 Prozent erwartet. Damit zeigt sich Brüssel pessimistischer als die Bundesregierung.

«Die EU-Wirtschaft hat eine Rezession vermieden», sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni in Brüssel. «Ich denke, wir sollten stolz darauf sein, dass die europäische Wirtschaft eine so bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit an den Tag legt. Das ist keine geringe Leistung, wenn man die Art und das Ausmaß der erlebten Schocks bedenkt.» Die Bewältigung der Energiekrise, die Koordinierung der Steuerpolitik und die Auswirkungen der Corona-Hilfsgelder hätten dazu beigetragen, dass das Szenario viel besser als erwartet ausgefallen sei. «Wenn wir zurückblicken auf das, was wir im vergangenen Herbst erwartet haben, ist das Szenario viel, viel besser.» All das sei allerdings kein Grund für Selbstzufriedenheit. Die Inflation etwa bleibe hoch.

Kerninflation nach wie vor hoch

In ihrer Frühjahrsprognose korrigierte die Kommission die Gesamtinflation für den Euroraum nach oben. Während sie im Februar noch davon ausging, dass die Gesamtinflation in der Eurozone voraussichtlich von 8,4 Prozent im Jahr 2022 auf 5,6 Prozent in diesem Jahr sinkt, wird nun mit 5,8 Prozent gerechnet. Für 2024 werden 2,8 Prozent erwartet.

«Die Inflation geht dank der rasch sinkenden Energiepreise weiter zurück», sagte Gentiloni. Die Kerninflation – die Teuerung ohne stark schwankende Energie- und Nahrungsmittelpreise – sei jedoch nach wie vor hoch, auch wenn der Höhepunkt wohl überschritten sei. «Mit Blick auf die Zukunft dürfte sich die Gesamtinflation weiter verlangsamen. Die Kerninflation dürfte sich allmählich abschwächen, da der Druck durch frühere Kostenschocks abnimmt und sich die Finanzierungsbedingungen verschärfen.»

Der Grünen-Europaabgeordnete Rasmus Andresen sagte, die Projektion klinge erstmal positiv. Aber: «Die Zinserhöhungen der EZB haben es bis jetzt noch nicht vermocht, die Kerninflation zu senken. Auf der anderen Seite haben sie aber dafür gesorgt, dass es für Unternehmen und Privatleute immer schwieriger wird, an Geld für dringend notwendige Investitionen zu kommen.» Für die Menschen bedeutete die weiterhin hohe Inflation weitere Realeinkommensverluste.

Die Bundesregierung erwartet in ihrer Ende April vorgestellten Frühjahrsprojektion ein Plus des Bruttoinlandsprodukts von 0,4 Prozent für dieses Jahr. Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist dagegen weit pessimistischer: In seiner im April vorgelegten Konjunkturprognose rechnet der IWF für Deutschland sogar mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent in diesem Jahr.

Die deutsche Industrie habe sich als widerstandsfähig gegenüber den gestiegenen Produktionskosten erwiesen, heißt es in der Kommissionsprognose. Volle Auftragsbücher kurbelten das verarbeitende Gewerbe und die Exporte an. Zudem werde erwartet, dass sich die robuste Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt fortsetze, was zu einem Aufholen der Reallöhne führe und den Verbrauch stütze. 2024 könnte die deutsche Wirtschaft laut Prognose der EU-Kommission um 1,4 Prozent wachsen, die Bundesregierung geht von 1,6 Prozent aus.

Reformpläne

Insgesamt verdeutlichten die Prognosen «bemerkenswerte Länderunterschiede bei den öffentlichen Finanzen, aber auch bei Wachstum und Inflation», sagte Gentiloni. Es sei wichtig, diese Divergenzen zu beobachten, um zu verhindern, dass sie sich verfestigen. Die Prognose bestätige den Willen der Kommission, bei der haushaltspolitischen Überwachung der EU-Länder einen länderspezifischeren Ansatz zu verfolgen.

In Reformplänen für die EU-Schuldenregeln hatte die Brüsseler Behörde Ende April vorgeschlagen, statt einheitlicher Vorgaben für alle Länder auf individuelle Wege für jedes Land zu setzen, um Schulden und Defizite langfristig zu senken. Die Kommissionsvorschläge müssen noch von den Staaten und dem Europäischen Parlament verhandelt werden. Die jeweiligen Positionen zu den Schuldenregeln und den Kommissionsvorschlägen sind in den einzelnen EU-Staaten sehr unterschiedlich.

Für das kommende Jahr geht die Kommission von einem Wachstum in der EU von 1,7 Prozent aus, nach 1,6 Prozent in der Winterprognose. Für den Euroraum rechnet sie mit 2024 mit 1,6 Prozent (vorher: 1,5 Prozent).

Von Katharina Redanz, dpa