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Wohnimmobilien erstmals seit Jahren etwas günstiger

Dez 22, 2022
Einfamilienhäuser in einer Siedlung in Köln-Widdersdorf. Die gedämpfte Immobiliennachfrage schlägt auf die Preise für Wohnungen und Häuser in Deutschland durch. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Henning Kaiser/dpa)

Trendwende auf dem Markt für Wohnimmobilien: Erstmals seit rund acht Jahren sind die Preise für Wohnungen und Häuser gegenüber einem Vorquartal wieder gesunken. Im Zeitraum Juli bis September waren sie im Schnitt 0,4 Prozent günstiger als im zweiten Vierteljahr dieses Jahres, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.

Der letzte Rückgang gegenüber einem Vorquartal wurde demnach im vierten Quartal 2014 verzeichnet. Auch im Jahresvergleich machte sich die gedämpfte Nachfrage bemerkbar. Die Preise stiegen deutlich langsamer. Die Zeiten für Bau- und Immobilienwirtschaft werden nach jahrelangem Boom härter.

Wohnimmobilien kosteten im Zeitraum Juli bis September im Schnitt 4,9 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Ein geringerer Anstieg war den Angaben zufolge zuletzt im dritten Quartal 2015 mit 4,4 Prozent verzeichnet worden. Im zweiten Vierteljahr des laufenden Jahres hatten sich Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen nach den jüngsten Daten innerhalb eines Jahres noch um 9,7 Prozent verteuert.

Wo die Preise am meisten stiegen

Die größten Preisanstiege gab es im dritten Quartal in dünn besiedelten ländlichen Kreisen. Ein- und Zweifamilienhäuser verteuerten sich dort im Schnitt um 7,8 Prozent, Eigentumswohnungen kosteten 7,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In den Top-Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf kletterten die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 6,2 Prozent und für Eigentumswohnungen um 5,0 Prozent.

Am schwächsten fiel der Anstieg mit 1,8 Prozent für Ein- und Zweifamilienhäuser in den städtischen Kreisen aus. Wohnungen kosteten dort 4,5 Prozent mehr als im Vorjahresquartal.

Der Anstieg der Kreditzinsen, aber auch die deutlich gestiegene Inflation und hohe Baupreise belasten nach jahrelangem Boom die Nachfrage nach Immobilien. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält im kommenden Jahr einen Rückgang der Wohnimmobilienpreise um bis zu zehn Prozent für möglich. Die DZ Bank erwartet 2023 ein Minus von bis zu sechs Prozent.

Experten erwarten keine sinkenden Bauzinsen

Eine leichte Entspannung erwarten Experten nach dem starken Anstieg der Bauzinsen in diesem Jahr. Sie rechnen für 2023 mit moderaten Zuwächsen. Eine Wende zu dauerhaft wieder sinkenden Zinsen halten sie für unwahrscheinlich. Denn die großen Zentralbanken haben angekündigt, im Kampf gegen die Inflation die Leitzinsen weiter anzuheben. Zeitweise sinkende Bauzinsen in den kommenden Monaten sind nach Einschätzung von Finanzberatern aber möglich.

Die gesunkene Nachfrage bekommt auch das deutsche Bauhauptgewerbe zu spüren. Zwar erholte sich der Auftragseingang im Oktober leicht. Im Vergleich zum September lag der Wert der Bestellungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 7,3 Prozent höher. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sank der preisbereinigte (reale) Auftragseingang hingegen um 12,9 Prozent.

Grundsätzlich bleibt der Trend negativ. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres sanken die Auftragseingänge preisbereinigt (real) um 7,9 Prozent. Der reale Umsatz verringerte sich um 5,3 Prozent. «Der Gegenwind wird immer stärker. Insbesondere der Wohnungsbau ist fast zum Erliegen gekommen», sagte Tim-Oliver Müller Hauptgeschäftsführer der Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.

Hohe Baukosten und gestiegene Energiepreise

In der Immobilienbranche ist die Stimmung zum Jahresende im Keller. Nach einer aktuellen Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in Zusammenarbeit mit dem Branchenverband Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA) erreichte sie einen Tiefstand. Ein wesentlichen Grund sei die Entwicklung der Fremdfinanzierung aufgrund steigender Zinsen. Auch hohe Baukosten und extrem gestiegene Energiepreise belasteten. «Dieses Stimmungsbild ist ein echter Warnschuss», sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner. Er forderte, Planungs- und Bauvorschriften «in Teilen für den Krisenzeitraum» auszusetzen.