• Sa. Nov 23rd, 2024

Essen to go: Kunden dürfen Mehrwegverpackungen verlangen

Kunden haben ab dem neuen Jahr ein Anrecht darauf, ihre Speisen und Getränke zum Mitnehmen in einer Mehrwegverpackung zu bekommen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Weißbrod/dpa)

Kunden haben künftig ein Anrecht darauf, ihre To-Go-Speisen und -Getränke in einer Mehrwegverpackung zu bekommen. Das besagt die sogenannte Mehrwegangebotspflicht, die vom 1. Januar 2023 an gilt. Der Bundestag hatte diese im Mai 2021 beschlossen. Doch was bedeuten die neuen Vorgaben, für wen gelten sie, und was ändert sich für die Gastrobranche? Ein Überblick:

Was gilt ab dem 1. Januar 2023?

Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, sind ab 2023 verpflichtet, ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. So sollen laut Bundesumweltministerium insbesondere Einwegverpackungen aus Kunststoff ersetzt werden. Für alle Angebotsgrößen eines To-Go-Getränks müssen beispielsweise zukünftig entsprechende Mehrwegbecher zur Verfügung stehen. Dasselbe Produkt in der Mehrwegverpackung darf allerdings nicht teurer sein als in der Einwegverpackung. Es ist aber erlaubt, die Mehrwegverpackung gegen Pfand auszugeben, das bei der Rückgabe zurückgezahlt wird.

Kontrolliert wird die Einhaltung von den Landesbehörden. Die Länder entscheiden selbst, ob sie die Aufgaben etwa an Kommunen abgeben.

Für wen gilt die Novelle?

Die neue Pflicht muss von all jenen eingehalten werden, die mit Essen oder Getränken befüllte Take-away-Verpackungen an Verbraucherinnen und Verbraucher verkaufen: Restaurants, Cafés, Bistros, aber auch Kantinen, Tankstellen, Supermärkte oder Cateringbetriebe. Davon ausgenommen sind kleinere Geschäfte wie Imbisse, Spätis und Kioske, in denen höchstens fünf Beschäftigte arbeiten und die gleichzeitig eine Ladenfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern haben. Kundinnen und Kunden haben in diesen Betrieben allerdings die Möglichkeit, sich ihre Speisen und Getränke in selbst mitgebrachte Mehrwegbehältnisse befüllen zu lassen.

Für Ketten wie etwa Bahnhofsbäckereien gilt diese Ausnahme laut Bundesumweltministerium nicht, wenn im gesamten Unternehmen mehr als fünf Beschäftigte arbeiten – selbst wenn die Verkaufsflächen der einzelnen Stellen weniger als 80 Quadratmeter betragen.

Was bedeutet die Änderung für die Gastrobranche?

Betroffene Betriebe sind laut dem Hotel- und Gaststättenverband Dehoga verpflichtet, Gäste auf die Möglichkeit hinzuweisen, Waren auch in Mehrwegverpackungen zu erhalten. In der Verkaufsstelle muss das deutlich sichtbar gemacht werden. Bei einer Lieferung muss dieser Hinweis zum Beispiel im Flyer aufgedruckt sein. Die neue Verpflichtung ist dem Verband zufolge für die Branche mit viel Aufwand und Kosten verbunden. «Für die allermeisten Betriebe bedeutet das verpflichtende Vorhalten von Mehrwegbehältnissen zusätzliche Belastungen», sagte eine Dehoga-Sprecherin. Wer gegen die neuen Vorschriften verstoßt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro.

Wie funktioniert das System mit dem Mehrweggeschirr?

Zuallererst: Die Mehrweglösung kann sehr unterschiedlich ausgestaltet werden. Betreiber sind zunächst einmal nur verpflichtet, ihre eigenen ausgegebenen Mehrwegverpackungen zurückzunehmen. Es gibt aber auch Betreiber, die mit Anbietern von Mehrwegsystemen zusammenarbeiten. Diese einheitlichen Systeme machen es beispielsweise möglich, einen To-Go-Kaffee im Mehrwegbecher am Hamburger Hauptbahnhof zu kaufen und in einem Berliner Café zurückzugeben.

Manche Systeme verlangen ein Pfandentgelt, andere arbeiten mit einem app-basierten Registrierungssystem. Das Angebot ist schon heute sehr groß und wird sich aus Sicht des Umweltministeriums voraussichtlich mit Inkrafttreten der Mehrwegangebotspflicht noch vergrößern.

Die Schnellrestaurantkette McDonald’s hat beispielsweise angekündigt, ihr eigenes Mehrwegsystem mit wiederverwendbaren Verpackungen für je zwei Euro Pfand anzubieten. Burger King hingegen arbeitet mit einem Anbieter von Mehrwegsystemen zusammen, weshalb Kunden ihre Mehrwegbecher auch an all diesen Ausgabestellen zurückgeben werden können. Bis zu 1000 Einwegbecher soll jeder Mehrwegbecher im Laufe seiner Nutzungszeit nach Unternehmensangaben ersetzen können.

Wie groß ist die Abfallmenge durch Speiseverpackungen?

Laut Verbraucherzentrale Berlin produzieren die Bürger in Deutschland 770 Tonnen Verpackungsmüll pro Tag durch Mitnahme-Verpackungen für Speisen und Getränke. Eine vom Umweltbundesamt beauftragte Studie ergab, dass allein Einwegkunststoffprodukte – etwa To-Go-Becher, Lebensmittelverpackungen, Tragetaschen, Zigarettenkippen – einen kommunalen Reinigungsaufwand von rund 434 Millionen Euro im Jahr verursachen. Laut dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sind Pizzakartons und Alu-Schalen dabei noch nicht mitgerechnet.

Für den VKU ist die Mehrwegpflicht deswegen «ein wichtiger Baustein gegen die zunehmende Vermüllung des öffentlichen Raums und für mehr Abfallvermeidung». Entscheidend werde aber sein, dass sich Verbraucher bewusst dafür entscheiden. Außerdem hofft der Verband auf Pool-Lösungen in den Kommunen. «Die Bürgerinnen und Bürger sollten beispielsweise einen Mehrweg-Becher überall zurückgeben können, egal, wo er oder sie ihn gekauft hat», sagte ein VKU-Sprecher.

Für den Umweltverband BUND geht der Schritt in die richtige Richtung, aber nicht weit genug. Er fordert eine ausnahmslose Mehrwegpflicht, da er fürchtet, dass viele Händler weiter Einweg als Standard anbieten werden.

Wann werden Einwegverpackungen komplett verboten?

Einem kompletten Verbot von Einwegverpackungen steht dem Bundesumweltministerium zufolge geltendes EU-Recht entgegen. Und ein EU-weites Verbot kommt für einige Produkte wie Einweggetränkebecher bislang nicht in Frage, weil es für sie derzeit keine ökologisch sinnvolleren Alternativen gibt. Allerdings sind seit Juli 2021 bestimmte Produkte aus Einwegkunststoff verboten: Dazu gehören unter anderem Wegwerfprodukte wie Einmalbesteck und -teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen oder auch Wegwerf-Essenbehälter aus Styropor. Die EU-Kommission wird die Verbote im Jahr 2027 überprüfen. Dadurch könnte sich eine Ausweitung der Verbote ergeben.

Von Philipp Znidar, dpa